06.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 23-22 vom 10. Juni 2022 / Vor fast 500 Jahren / Schlieffen-Krone und Schlieffen-Haus in Kolberg / Zwei bedeutende Zeugnisse der Familie von Schlieffen in der hinterpommerschen Stadt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-22 vom 10. Juni 2022

Vor fast 500 Jahren
Schlieffen-Krone und Schlieffen-Haus in Kolberg
Zwei bedeutende Zeugnisse der Familie von Schlieffen in der hinterpommerschen Stadt
Brigitte Stramm

Die Familie Schlieffen oder auch Schliefen ist ein altes pommerschen Adelsgeschlecht. Zweige der Familie bestehen bis heute. Einst ein Kolberger Stadtgeschlecht, von dem Familienmitglieder der Kolberger Sülzgilde angehörten und zu den Salzjunkern zählten. Salz begründete ja den Reichtum Kolbergs. 

Erstmals urkundlich erwähnt wird das Geschlecht bereits im Jahre 1365 mit Henning Sleff, er starb um 1376 als Bürger zu Kolberg.

In preußischen Diensten 

Im Laufe der Jahrhunderte brachte die Familie viele Persönlichkeiten hervor, die in preußischen Diensten ihre Pflicht taten und über die Grenzen Pommerns hinaus wirkten. Ein bedeutender Vertreter der Familie aus neuerer Zeit war Alfred Graf von Schlieffen (1833–1913). Er trat 1854 in die Preußische Armee ein und nahm am Deutschen Krieg und am Deutsch-Französischen Krieg teil. 1884 wurde er Abteilungschef im Großen Generalstab, 1888 Oberquartiermeister und Stellvertreter des Generalstabschefs. 1905 verfasste er den Schlieffen-Plan, wonach das Deutsche Reich einen zukünftigen Zweifrontenkrieg vermeiden konnte. Er starb als preußischer Generalfeldmarschall am 4. Januar 1913 in Berlin. 

Kostbarkeit gestiftet

Ein nun fast 500 Jahre altes Kunstwerk  hängt im Mittelschiff des Kolberger Doms. Dass diese Kostbarkeit die Wirren des II. Weltkriegs überlebt hat, verdanken wir Domprediger Paul Hinz *1899 † 1988, der später als Superintendent in Halberstadt wirkte. Er hat den kunstvoll geschnitzten Leuchter zusammen mit dem Kolberger Kirchenschatz gerettet, weil er beides rechtzeitig einmauern ließ. Auch verfasste er eine Dokumentation „Der Kolberger Dom und seine Kunstwerke“. 

Der Leuchter, Schlieffen-Krone genannt, wurde im Jahr 1523, also vor fast 500 Jahren von der angesehenen Familie Schlieffen gestiftet. Vier Meter hoch, aus Holz geschnitzt, farbig und achteckig gestaltet, wird er von acht Kerzen erleuchtet. In der Mitte ist die Mutter Gottes im Strahlenkranz, auf der anderen Seite Johannes der Täufer dargestellt. Diese Figuren werden von einem Dach, das an das Himmelszelt erinnert, geschützt. Zwei mit Engeln und Heiligenfiguren verzierte Säulen tragen den Baldachin und den Aufbau mit der Aufhängevorrichtung.

Ein weiteres Zeugnis der Familie findet man in Kolberg. Es ist das Schlieffen-Haus [Dom Schlieffenów] in der jetzigen ul Gierczak 5. Das ursprünglich gotische Patrizierhaus aus dem 15. Jahrhundert wurde 1540 im Stil der Frührenaissance neugestaltet. Es ist heute das einzige erhaltene Handelshaus aus der Hansezeit Kolbergs, es hatte im Erdgeschoss eine befahrbare Diele. Genutzt wurde das Gebäude von Böttchern und Bierbrauern. 

1938 zog in das Haus in der damaligen Schlieffen-Straße ein Museum für Joachim Nettelbeck ein. Nettelbeck hatte sich bei der Verteidigung Kolbergs gegen die napoleonischen Truppen im Jahr 1807 bewährt. Seinem Engagement war es zu verdanken, dass der angeblich überforderte Kolberger Kommandant Ludwig Moritz von Lucadou durch Major August Neidhardt von Gneisenau ersetzt wurde. Gneisenau organisierte die erfolgreiche Verteidigung der Stadt an der Ostsee. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das stark beschädigte Gebäude wieder aufgebaut. Die befahrbare Diele gibt es allerdings nicht mehr. Seit 1963 wird das Haus vom Kolberger Waffenmuseum genutzt. Hier wird heutzutage die Geschichte des Polnischen Heeres vom frühen Mittelalter bis in die heutige Zeit dokumentiert. Man findet eine Vielzahl an Pfeilen, Beilen, Lanzen und Wurfwaffen. Auch eine Uniformensammlung und im Freibereich können verschiedene Kanonen, Flugzeuge und Geräte der polnischen Armee angeschaut werden.