06.05.2024

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Folge 23-22 vom 10. Juni 2022 / Schloss Charlottenburg / Ein künstlerischer Stilbruch in West-Berlin / Aus schön alt wurde hässlich neu – Als man vor 50 Jahren in der heutigen Hauptstadt um ein Deckengemälde stritt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-22 vom 10. Juni 2022

Schloss Charlottenburg
Ein künstlerischer Stilbruch in West-Berlin
Aus schön alt wurde hässlich neu – Als man vor 50 Jahren in der heutigen Hauptstadt um ein Deckengemälde stritt

Beim Bombenkrieg auf Berlin wurde 1943 auch Schloss Charlottenburg stark zerstört. Ein Opfer dieses Angriffs war die barocke Deckenmalerei von Antoine Pesne (1683–1757) im Weißen Saal, deren Rekonstruktion vor 50 Jahren den „Berliner Bilderstreit“ auslöste. Gestritten wurde um die Frage, ob man die Malerei nach vorhandenen Fotografien vollständig rekonstruiert oder mit modernen Stilmitteln nachempfindet. 

Durchgesetzt haben sich schließlich die modernen Bilderstürmer. Der Künstler Hann Trier führte 1972 einen eigenen, modernen Entwurf aus. Im Rahmen des Jahresthemas „Welterbe: Bauen und Bewahren für die Zukunft“ wird dem Publikum jetzt im Neuen Flügel des Schlosses die Zeit dieses Wiederaufbaus mittels originaler, zuvor noch nie ausgestellter Objekte, historischen Bildmaterials und partizipativer Elemente nähergebracht.

Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) erinnert mit der Ausstellung „StilBRUCH?! West-Berlin streitet um ein Deckenbild“ bis zum 31. Oktober an die heute nahezu vergessene – damals aber ganz West-Berlin aufwühlende – Debatte, als in einer Zeit der Neuorientierung nach den Wirren des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs in der Diskussion um Rekonstruktion oder Neuschöpfung unterschiedliche politische und gesellschaftliche Standpunkte beim Aufarbeiten der Vergangenheit aufeinanderprallten. 

Die Zerstörung Berlins und die daraufhin notwendige Neuordnung in der Politik, der Kultur und schließlich auch im Schloss bilden den Ausgangspunkt der Ausstellung zum Umgang mit dem zerstörten Deckenbild im Weißen Saal. Sieben Jahre dauerte das Tauziehen, in dem verschiedene Persönlichkeiten aus Politik und Kultur sowie die Presse um eine Lösung rangen. Ihre Sichtweisen veranschaulichen die unterschiedlichen denkmalpflegerischen Auffassungen der Zeit.

Zugleich stand dahinter die damals aktuelle Frage nach der Bedeutung von Tradition und Moderne, nach dem Verhältnis von preußischem Erbe und Neuanfang. Bereits 1953 stand das Schloss durch die erste Ausstellung der „Galerie des 20. Jahrhunderts“ im Fokus des aktuellen Kunstschaffens, für das sich auch die Belegschaft der Schlösserverwaltung sehr interessierte. Während des mehrjährigen Konflikts entwickelte Hann Trier seine Vision in einem Entwurfsprozess über eine Vielzahl von Arbeiten. 

Als Höhepunkt führt der Rundgang in den Weißen Saal, wo unter dem imposanten Deckenbild die Gesamtentwürfe von vier Künstlern der 1950er und 1960er Jahre sowie die monumentalen Probestücke von Hann Trier und Karl Manninger aus dem Jahr 1971 präsentiert werden.

Thematisch knüpft die Ausstellung an die 2021 veröffentlichte Onlinepräsentation „StilBRUCH? Die Moderne im Wiederaufbau von Schloss Charlottenburg“, die aktuell noch im Internet zu sehen ist unter https://artsandculture.google.com/partner/schloss-charlottenburg.tws

Schloss Charlottenburg, Eintritt 14 Euro, Internet: www.spsg.de/stilbruch