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Folge 24-22 vom 17. Juni 2022 / Brandenburg / Parteien wollen die Landesverfassung ändern / Möglicherweise stehen neben ideologischen auch parteipolitische Ziele im Fokus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-22 vom 17. Juni 2022

Brandenburg
Parteien wollen die Landesverfassung ändern
Möglicherweise stehen neben ideologischen auch parteipolitische Ziele im Fokus
Norman Hanert

Per Volksentscheid stimmten die Brandenburger im Juni 1992 über die Verfassung des jungen Bundeslandes ab. Dreißig Jahre später wollen die Regierungsparteien SPD, CDU und Grüne zusammen mit der Linkspartei nun Ergänzungen und eine wichtige Änderung der Verfassung durchsetzen. Die Parteien wollen neben dem Kampf gegen Antisemitismus auch den gegen den Antiziganismus und die Förderung der jüdischen Kultur als Staatsziele verankern. Generell sollen im Text männliche und weibliche Formen „geschlechtergerecht“ nebeneinanderstehen.

Beim Parlamentsrecht, das in Brandenburg teilweise in der Verfassung geregelt ist, wollen die vier Parteien zudem eine Neuregelung zur Wahl des Vizepräsidenten des Landtags durchsetzen. Bislang steht diese Position der stärksten Oppositionspartei zu, das ist derzeit die AfD. Nach der Änderung soll der Landtag „mindestens einen Vizepräsidenten“ wählen, und mindestens ein Vizepräsident müsste der Opposition angehören. Erst 2015 hatte die Linkspartei die Einführung eines zweiten Parlamentsvizes durchgesetzt. Durch die geplante Formulierung „mindestens“ würde diese Regelung zu einer Kann-Bestimmung reduziert.

AfD fürchtet, ausgebootet zu werden

Obwohl CDU-Fraktionschef Jan Redmann dementiert, nach der Verfassungsänderung würde ein Abwahlantrag gegen den derzeitigen Parlamentsvizepräsidenten Andreas Galau (AfD) gestellt, um ihn durch einen Abgeordneten der Linkspartei zu ersetzen, sieht die AfD den Versuch, sie auszubooten. Setzen die Regierungsfraktionen mit der Linkspartei die Änderung durch, wird eine Abwahl Galaus möglich, ohne dass die AfD-Fraktion danach noch das Recht auf Neubesetzung des Postens hätte.

Galau war 2019 zu Beginn der Wahlperiode zum Vizepräsidenten des Landtags gewählt worden. Dass dies mit einer ausreichenden Mehrheit auch mit Stimmen aus anderen Fraktionen geschah, verdankt sich vor allem der Tatsache, dass das Parlamentspräsidium ohne vollständige Besetzung die Arbeit des Parlaments insgesamt blockiert hätte. Bei anderen Parlamentsposten, etwa bei der Besetzung der Kommission zur Kontrolle des Verfassungsschutzes, ziehen die übrigen Fraktionen seit 2019 eine Blockade gegen die größte Oppositionsfraktion durch, indem sie die Personalvorschläge der AfD regelmäßig durchfallen lassen.

Dementsprechend fällt nun die Kritik der Partei an den Plänen von SPD, CDU, Grünen und Linkspartei aus. Dennis Holoch, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, sagte gegenüber der PAZ: „Die Verfassung ist keine Spielwiese für parteipolitisches Kalkül.“ Ähnliche Bedenken hat offenbar auch der CDU-Abgeordnete Ingo Senftleben.

Er kritisierte den Plan als „kurzsichtige Parteipolitik“. Zugleich kündigte der frühere CDU-Spitzenkandidat an, der Änderung nicht zustimmen zu wollen. Damit könnte die für den 22. Juni geplante Abstimmung zur Zitterpartie werden. Für die Verfassungsänderung ist eine Zweidrittelmehrheit von 59 der 88 Landtagsabgeordneten erforderlich. Bleibt Senftleben bei seiner Ablehnung, kommt das Regierungslager aus SPD, CDU und Grünen nur auf 49 Stimmen, die Linksfraktion umfasst zehn Parlamentarier.