27.04.2024

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Folge 24-22 vom 17. Juni 2022 / Bulgarien / Lieber Touristen als Flüchtlinge / Bis zur Hauptsaison sollen die Ukrainer aus den Hotels an der Schwarzmeerküste verlegt werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-22 vom 17. Juni 2022

Bulgarien
Lieber Touristen als Flüchtlinge
Bis zur Hauptsaison sollen die Ukrainer aus den Hotels an der Schwarzmeerküste verlegt werden
Frank Bücker

Etwa eine Viertelmillion Ukrainer sind nach Bulgarien geflohen. Viele von ihnen wurden in Hotels an der Schwarzmeerküste untergebracht. Bulgarien gewährt den Hoteliers einen Zuschuss von 20 Euro pro Tag für jeden Ukrainer. Das Land soll das Geld von der EU zurückerhalten. Nach zwei Jahren Corona-Maßnahmen waren die Hoteliers froh, überhaupt wieder Geld mit ihren Immobilien zu erwirtschaften. Nun jedoch, wo eine Sommersaison ohne Corona-Restriktionen winkt, sieht die Sache anders aus. 

In der Vergangenheit besuchten jedes Jahr 300.000 bis 400.000 Russen die Ferienorte Bulgariens. Das waren knapp zehn Prozent aller Urlauber an der bulgarischen Schwarzmeerküste. Einer der Betroffenen: „Die russischen Touristen werden fehlen. Das ist ein Problem.“ Ansonsten werden finanzstarke junge Männer aus Großbritannien und Deutschland erwartet. Vor Corona war der Goldstrand eine Partymeile für feierfreudige Urlauber aus ganz Europa. Viele Russen hatten dort Ferienwohnungen oder -häuser erworben, die nun leer stehen. 

Vizeregierungschefin Kalina Konstantinowa verteidigt die Entscheidung für die Unterbringung der Ukrainer in Hotels als unkonventionell, aber aus vielen Gründen mehr als richtig. Die Urlaubssaison sei aber von großer Bedeutung. „Dieser Wirtschaftszweig sichert den Lebensunterhalt vieler Bulgaren und ihrer Familien, er macht einen erheblichen Prozentsatz unseres BIP aus, und es ist unsere Pflicht, eine erfolgreiche Sommersaison für Bulgarien zu gewährleisten“, so Konstantinowa. 

Mit anderen Worten, die Ukrainer waren solange willkommen, wie die Hotels leer standen und die EU für die Belegung aufkam. Nun sollen die Ukrainer weg aus den Ferienorten. Sie sollen in staatliche und kommunale Unterkünfte umziehen. In der Diskussion sind unter anderem Erholungsheime, welche die Regierung seit Sowjetzeiten unterhält. Notfalls würden Sporthallen als Unterkünfte erwogen, hört man aus Regierungskreisen. „Bulgarien kann es sich nicht mehr leisten, ukrainische Staatsbürger in Hotels am Strand zu unterhalten“, so Konstantinowa. Atanas Rusew vom Thinktank Center for the Study of Democracy hält es für denkbar, dass es zu „gewissen Spannungen am Monatsende“ kommt. 

Die Ukrainebegeisterung in Bulgarien ist ohnehin mau, weil das Land traditionell russlandfreundlich ist. So erhält Kiews Regierung keine Waffen von Bulgarien. Sofia hat sich eher nolens als volens bereit erklärt, 80 schadhafte ukrainische Panzer in Bulgarien zu reparieren. Der bulgarische Premierminister Kirill Petkow hat die Forderung des ukrainischen Botschafters in Sofia, Witali Moskalenko, nach Lieferung schwerer Waffen kategorisch abgelehnt. Solange das Geld aus Brüssel fließt, steht die Regierung vielleicht noch an der Seite von NATO und USA. Bleibt es aus, könnte in der Haltung zu Russland Ungarn bald einen Verbündeten bekommen. 

Derweil haben einige Hoteliers die Ukrainer als billige Arbeitskräfte entdeckt. Bis zu 10.000 von ihnen sollen bereits Arbeitsverträge haben.