Dass es um die Meinungsfreiheit und derjenigen von Forschung und Lehre in Deutschland nicht zum Besten steht, hat vergangenen Monat als jüngstes Opfer Martin Wagener feststellen müssen. Der Professor hatte Internationale Politik und Sicherheitspolitik am Fachbereich Nachrichtendienste der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung gelehrt. Dann aber wurde ihm vom Bundesnachrichtendienst (BND) der Sicherheitsbescheid entzogen, und damit hatte seine Lehrtätigkeit ein Ende.
Als Gründe für diesen Vorgang nennt Wagener in einem Interview mit der Zeitung „JUNGE FREIHEIT“, für die er gelegentlich als Kolumnist tätig war, auch diese Tätigkeit, im Wesentlichen aber sein Buch „Kulturkampf um das Volk. Der Verfassungsschutz und die nationale Identität der Deutschen“. Kern der Kritik aus der rot-grün-alternativen Echokammer ist der Vorwurf, Wagener vertrete einen „ethnokulturellen Volksbegriff“.
Da stellt sich die Frage, was denn diese Wortschöpfung zu bedeuten habe. Das kann eigentlich nur der Versuch sein, mit dem Zusatz „ethno“, der als rechtslastig verstanden wird, den geläufigen Begriff des kulturellen Volksbegriffes herabzusetzen und mit dem Odium rechtsextremistischer Hässlichkeit zu belasten.
Damit aber wird an der klassischen Definition eines Staates insgesamt gerüttelt. Diese nennt als die drei Bestandteile Staatsgebiet, Staatsgewalt und Staatsvolk. Die ersten beiden geraten im Rahmen einer Politik der ständigen Aushöhlung und Verflüssigung Deutschlands zugunsten der EU immer mehr in Vergessenheit. Tatsächlich geht das deutsche Staatsgebiet schon heute mehr und mehr in der EU auf, ebenso die Staatsgewalt, die ihre Legitimation aufgibt und sich zum Untertanen Brüssels macht.
Streit um Worte
Es ist daher nur folgerichtig, dass die letzte Schlacht um das Staatsvolk geschlagen wird. Hier aber gibt es wiederum drei Faktoren, nämlich die formale Staatsangehörigkeit, die Kulturnation und schließlich die Zugehörigkeit durch Bekenntnis. Um dieses Letztere geht es bei dem Kulturkampf, den Wagener angesprochen hat.
Dafür aber, dass man sehr wohl den deutschen Pass besitzen kann, ohne der Kulturnation anzugehören oder das Bekenntnis zur ihr abzulegen, gibt der wieder in die Schlagzeilen geratene deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel das beste Beispiel. Unvergessen ist sein Wort: „Der baldige Abgang der Deutschen ist Völkersterben von seiner schönsten Seite. Diese freudlose Nation kann gerne dahinscheiden.“
Man sollte in Gedanken „deutsch“ mit „türkisch“ auswechseln und sich überlegen, welchen Aufschrei eine solche Aussage auslösen würde – nicht nur in der Türkei, sondern vor allem auch hierzulande. Die deutsche Öffentlichkeit aber schweigt dazu; mehr noch – Yücel hatte es sogar zum Präsidenten des PEN-Zentrums Deutschland gebracht. Das beschreibt den aktuellen Stand des Kulturkampfes, der in Deutschland tobt. Mehr noch: Die Einlassung zeigt, dass Yücel tut, was dem Professor Wagener vorgeworfen wird, nämlich den ursprünglichen, eigentlichen, nämlich den ethnischen Volksbegriff zu gebrauchen, wenn auch im türkischen Sinne und daher ungestraft.
Der Streit um Worte aber ist nur ein Teil des Kulturkampfes, und vor allem zeigt er mehrere Facetten. Die wahrscheinlich entscheidende Schlacht tobt rund ums Gendern. Diese explosive Mischung aus Bösartigkeit, Fanatismus und Dummheit äußert sich zunächst darin, dass die deutsche Sprache verunstaltet wird, gegen Sprachgeschichte, Regel und Sinn. So schlimm das auch erscheinen mag, ist das doch nur der Anfang einer Großoffensive im Kulturkampf. Der eigentliche Angriff richtet sich gegen die Natur selbst, die doch die Menschen aufteilt in Männer und Frauen. Wer diesen Unterschied leugnet, verdammt die Wirklichkeit zum Schweigen und nimmt ihr jede Beweiskraft.
Der Kampf ist auf mehrere Generationen angelegt. Daher beginnt er bei der sexuellen Indoktrination von Kleinkindern und führt bis zum Entzug der akademischen Lehrbefugnis, wenn die Gender-Ideologie geleugnet und beispielsweise behauptet wird, Männer würden weder menstruieren noch Kinder bekommen. Das ist der Vollzug einer Entwicklung, die noch zur Regierungszeit der Kanzlerin Angela Merkel von dieser begonnen wurde, nämlich die Suspendierung des besonderen Schutzes von Ehe und Familie, wie ihn das Grundgesetz festgelegt hat. Wer eine Kultur einreißen und ein Volk erlöschen will, hat hier den stärksten Hebel.
Akademiker und Analphabeten
Flankierend dazu wurde über viele Jahre eine Bildungskatastrophe in dem Sinne herbeigeführt, dass es nicht etwa zu wenig Akademiker, sondern zu viele gibt, weil man die Anforderungen an Schulen und Universitäten drastisch gesenkt hat. An den Hochschulen gibt es heute teilweise Aufnahmeprüfungen der Art und Güte, wie es sie ehedem vor dem Eintritt ins Gymnasium gegeben hat. Dafür nimmt die Zahl der Analphabeten in Deutschland bedrohlich zu. Doch wehe dem, der dafür auch Merkels zugewanderte „Fachleute“ verantwortlich macht.
Das erschreckendste Moment dieses Kulturkampfes aber ist, dass hier nicht zwei gegensätzliche weltanschauliche Lager einander gegenüberstehen, sondern dass so gut wie alle Parteien, die überwiegende Macht der Kirchen und bis auf verschwindende Reste alle Medien auf einer Seite stehen. Auf der anderen Seite aber? Das Volk, das zu nennen fast schon den Verdacht rechtsradikaler Umtriebe nach sich zieht.
Offenbar wurde das kürzlich anhand des Begriffes der Heimat. SPD-Innenministerin Nancy Faeser will ihn „umdeuten“, das heißt ideologisch vereinnahmen und im multikulturellen Sinne missbrauchen. Doch eine Mehrheit von 68 Prozent der Deutschen verbindet mit „Heimat“ in ihrem traditionellen Sinne etwas Schönes. So eine Umfrage des Instituts INSA, die von der Nachrichtenagentur Idea in Auftrag gegeben worden ist.
Noch regt sich vereinzelt Widerstand. Doch um den zu brechen, wird das Recht der freien Meinungsäußerung mehr und mehr zu einer Quelle der Gefahren gemacht – im Sinne einer „schönen neuen Welt“.
Der Autor ist ein christsoziales Urgestein und war lange Zeit Redakteur beim „Bayernkurier“.