25.04.2024

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Folge 25-22 vom 24. Juni 2022 / Corona / Der globale Schiffsstau hat die Nordseeküste erreicht / Wenn der Stau vor China sich auflöst, werden noch viel mehr Frachter die Nordseehäfen anlaufen wollen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-22 vom 24. Juni 2022

Corona
Der globale Schiffsstau hat die Nordseeküste erreicht
Wenn der Stau vor China sich auflöst, werden noch viel mehr Frachter die Nordseehäfen anlaufen wollen
Wolfgang Kaufmann

Weltweit sind rund 5500 Containerschiffe im Einsatz. Davon stehen derzeit nicht wenige im Stau, und mit ihnen rund elf Prozent aller verschifften Waren. Die Ursache liegt insbesondere in Chinas Null-Covid-Politik. Sie führte unter anderem zu gravierenden Beeinträchtigungen der Abfertigung im Hafen von Schanghai, weil viele Arbeiter durch den Lockdown ausfielen. Dadurch mussten zeitweise bis zu 500 Schiffe darauf warten, entladen zu werden. Ebenso gab es vor den Häfen an der Westküste der USA lange Zeit größere Konzentrationen von Frachtern, die wegen der begrenzten Logistikkapazitäten an Land nicht einlaufen konnten. 

Und nun wird es erstmals seit Ausbruch der Corona-Pandemie auch vor den Häfen an der belgischen, niederländischen und deutschen Nordseeküste eng. Hier liegen mittlerweile schon rund 100 Containerschiffe und Tanker fest. Die meisten Frachter wollen in Rotterdam oder Antwerpen einlaufen, manche aber auch in Hamburg und anderen deutschen Häfen. In der Elbmündung zählte man Mitte dieses Monats ein Dutzend wartender Schiffe mit insgesamt etwa 150.000 Containern an Bord.

Die speziellen Ursachen für diesen Stau sind vielschichtig. So hat die Auflösung der Warteschlangen vor den US-Häfen dazu geführt, dass nun wieder mehr Frachter in Richtung Europa unterwegs sind. Dies kommentierte Vincent Stahmer vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) mit den Worten: „Das Problem verlagert sich von einer Ecke der Welt zur anderen.“ 

Doch das ist noch nicht alles, wie Hans-Jörg Heims, der Sprecher der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), mitteilte. Viele deutsche Unternehmen hätten ihre Lager in Erwartung neuerlicher Lockdowns in der Volksrepublik bis zum Äußersten gefüllt und könnten nun keine weiteren Güter entgegennehmen. Ein zusätzlicher Bremsklotz sei die Deutsche Bahn, die ihren vertraglichen Verpflichtungen hinsichtlich des Transports auf der Schiene nicht vollumfänglich nachkomme. Und dann sorge die Inflation auch noch für eine Kaufzurückhaltung seitens der Verbraucher, deretwegen viel Ware auf dem Weg zum Großhandel liegenbleibe.

Aus diesen Gründen stehen die Container nun immer länger in den Häfen und nehmen dort dringend benötigten Platz weg. Betrug die Verweildauer in der Vergangenheit rund drei Tage, sind es derzeit sechs bis sieben. Manche der Frachtbehälter gehen sogar erst nach einem Monat auf die Weiterreise. Für die HHLA, die drei Containerterminals in Deutschlands größtem Seehafen betreibt, ist dies eine komplexe Situation, die einzelne Unternehmen unmöglich auflösen könnten.

Wenn der Schiffsstau vor der chinesischen Küste sich auflöst, werden noch sehr viel mehr Frachter in die Nordseehäfen einlaufen wollen. Dadurch droht ein bislang nie dagewesenes Chaos, vor allem wenn es wie kürzlich mit dem Warnstreik in Hamburg, Bremen, Bremerhaven, Wilhelmshaven und Emden zusätzlich zu Arbeitskampfmaßnahmen kommt, welche die Terminals lahmlegen.