26.04.2024

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Folge 25-22 vom 24. Juni 2022 / Kommentar / War’s das für die AfD?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-22 vom 24. Juni 2022

Kommentar
War’s das für die AfD?
René Nehring

Am vergangenen Wochenende hat die Partei Alternative für Deutschland einen neuen Bundesvorstand gewählt. Wie zuvor erwartet worden war, setzte sich das Lager um die bisherige Doppelspitze der Bundestagsfraktion aus Tino Chrupalla und Alice Weidel nun auch in der Partei durch. Beide mussten sich jedoch in Kampfkandidaturen gegen Bewerber aus dem bürgerlichen Lager behaupten – Chrupalla gegen den Bundestagsfraktions-Vize Norbert Kleinwächter, Weidel gegen den Europaabgeordneten Nicolaus Fest. 

Auch sonst verliefen die Wahlen weitgehend so, wie es die Doppelspitze geplant hatte. Fast alle der vorab als Teil eines „Teams Zukunft“ präsentierten Kandidaten schafften es in den Bundesvorstand. 

Möglich wurde der Triumph nach Meinung aller Beobachter durch ein Bündnis des Chrupalla-Weidel-Lagers mit der offiziell aufgelösten, faktisch jedoch als Netzwerk weiter agierenden Rechtsaußen-Gruppierung „Flügel“ unter Führung des thüringischen Landesvorsitzenden Björn Höcke. Abstimmung für Abstimmung fuhren die Vertreter eines bürgerlichen Kurses Niederlage um Niederlage ein. 

Schon der Verlauf der vorangegangenen Neubesetzung des Parteischiedsgerichts zeigte, wohin die Reise gehen würde. So gab etwa Roland Ulbrich, der laut Wikipedia vor Jahren für einen „offenen Schulterschluss“ mit PEGIDA geworben und sich für die Aufnahme ehemaliger NPD-Mitglieder in die AfD eingesetzt hatte und wegen seiner Umtriebe aus seinen beiden Studentenverbindungen ausgeschlossen wurde, vor seiner Wahl klar zu verstehen, dass er einen Kurswechsel für das höchste Parteigericht anstrebt. 

Triumph des „Flügels“

Mit breitem Grinsen genossen Chrupalla, der in seiner Bewerbungsrede innerparteiliche Kritiker scharf angegangen war und ihnen parteischädigendes Verhalten vorgeworfen hatte, und Weidel ihren Triumph. Dabei zeigten sie ein interessantes Verständnis von Einheit, die sie in ihren Reden eingefordert hatten. Anstatt – wie es für gewöhnlich die etablierten Parteien seit Jahrzehnten handhaben – alle Strömungen zu integrieren, setzten sie auf das Durchregieren und das Entfernen aller kritischen Stimmen. 

Für die bürgerlichen Reste in der AfD dürfte sich freilich die Frage stellen, wa-rum sie einer solchen Partei noch angehören sollen. Vor allem im Westen und Süden der Republik, wo die AfD prozentual zwar weniger erfolgreich ist, in ganzen Zahlen jedoch deutlich mehr Stimmen holt als im Osten, ist der Frust über den kontinuierlichen Rechtsruck der letzten Jahre groß. Dass es den Bürgerlichen gelingen dürfte, den Kurs der Partei noch einmal in eine andere Richtung zu drehen, kann angesichts des Parteitagsverlaufs bezweifelt werden. 

Allerdings wendet sich die AfD nun nicht nur noch weiter von ihren Ursprüngen ab, sondern auch von den Grundlagen ihres lange Zeit steilen Aufstiegs. Gerade dass die Partei anfänglich eben nicht wie eine „NDP light“ auftrat, sondern von bürgerlichen Gründungsfiguren geprägt war, ermöglichte es ihr, bis weit in die Mitte hinein zu wirken und somit breite Wählerschichten anzusprechen. 

Damit dürfte es nun vorbei sein. Schon im Oktober könnte es sich für die AfD rächen, dass sie kaum noch Rücksichten auf bürgerliche Befindlichkeiten im Westen nimmt. Dann wählen die Niedersachsen einen neuen Landtag. In letzten Umfragen stand die AfD dort bei sechs Prozent – genau wie in Schleswig-Holstein, wenige Wochen, bevor sie aus dem Landtag an der Förde flog. 

Schon heute steht Chrupalla für zehn Wahlniederlagen auf Bundes- und Landesebene in Folge. Sollte sich dieser Niedergang fortsetzen, werden er, Weidel, Höcke & Co. die Schuld dafür kaum bei sich selbst suchen, sondern – wie gewohnt – bei den Medien, den Kritikern inner- und außerhalb der Partei – oder am besten gleich beim „System“. Nur mit ihnen selbst, die nun die Macht in Händen halten, werden sie den absehbaren Niedergang nicht in Verbindung bringen.