25.04.2024

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Folge 25-22 vom 24. Juni 2022 / Hans-Insel / Wie der Whisky-Krieg endete ... / ... und die Königreiche Kanada und Dänemark zu einer 1,2 Kilometer langen gemeinsamen Landgrenze kamen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-22 vom 24. Juni 2022

Hans-Insel
Wie der Whisky-Krieg endete ...
... und die Königreiche Kanada und Dänemark zu einer 1,2 Kilometer langen gemeinsamen Landgrenze kamen
Manuel Ruoff

Zwischen Kanada und Grönland, das ein autonomer Bestandteil Dänemarks ist, verläuft die Nares-Straße, welche die Baffin-Bucht, ein Randmeer des Atlantischen Ozeans, und den Lincolnsee im Arktischen Ozean verbindet. Mitten in der vom kanadischen Ellesmere Island im Nordwesten und Grönland im Südosten gesäumten Wasserstraße liegt ein 1,4 Kilometer langes, 1,1 Kilometer breites und 1,25 Quadratkilometer großes beziehungsweise kleines unbewohntes und vegetationsloses Eiland. Weil es mitten in dem zur Nares-Straße gehörenden Kennedy-Kanal liegt, ist seine Zuordnung zu einem der beiden benachbarten Königreiche kein Selbstgänger. Benannt ist die Insel nach dem grönländischen Übersetzer, Jäger und Arktisforscher Hans Hendrik, der zwischen 1853 und 1883 an fünf Arktisexpeditionen teilnahm. 

Seit 1920 beansprucht Dänemark ganz Grönland. Das ist auch international anerkannt. International nicht eindeutig geklärt war indes, wie weit Grönland reicht. Als 1973 eine Grenzlinie gezogen wurde, zeigte sich, dass die Insel auf ihr lag.

Es folgten nun kleine Unfreundlichkeiten, mit denen beide Staaten ihren Anspruch auf die Insel deutlich machten. Kanada und Dänemark sind NATO-Partner und zivilisierte Mitglieder der westlichen Gemeinschaft mit bilateralen Beziehungen ohne historische Belastungen. So floss denn auch kein Blut. Allerdings lässt es schon aufmerken, dass Dänemark demonstrativ Militärflugzeuge über die Insel fliegen ließ. 

In der Regel waren die Duftnoten, die gesetzt wurden, indes subtiler. 1984 hinterließen kanadische Soldaten auf der Insel nach ihrem Besuch nicht nur eine Flagge Kanadas, sondern auch eine Flasche kanadischen Whiskys. Es wurde zur Gewohnheit, dass Dänen wie Kanadier die Insel abwechselnd besuchten, um nicht nur die vom jeweils anderen zurückgelassene Flagge, sondern auch dessen ebenfalls zurückgelassene Flasche Alkohol gegen eine selbst mitgebrachte auszutauschen. Man sprach deshalb auch vom Whisky War (Whisky-Krieg).

Das ist zwar ganz lustig, aber auch ein Whiskey-Krieg ist ein Krieg, und die Sache drohte zu eskalieren. Die Abstände zwischen den Besuchen wurden immer kürzer und die Besucher immer ranghöher. 2005 kamen die Außenminister der beiden Monarchien überein, den Konflikt einvernehmlich lösen zu wollen. Immerhin errichteten beide Staaten drei Jahre später eine gemeinsame Wetterstation auf der Insel. 2015 schlugen ein kanadischer Jurist und ein dänischer Gesellschaftswissenschaftler eine bei derartigen Fragen durchaus übliche Lösung vor, ein Kondominium, eine gemeinschaftlich ausgeübte Herrschaft, wie sie beispielsweise Preußen und Österreich über Schleswig-Holstein zwischen dem ersten und dem zweiten Einigungskrieg ausübten. 

Statt zu einem Kondominium kam es jedoch zu einer Teilung. Vorletzten Dienstag unterzeichneten die Außenminister Kanadas und Dänemarks, Mélanie Joly und Jeppe Kofod, sowie der Regierungschef Grönlands, Múte B. Egede, einen entsprechenden Grenzvertrag. Für einen längeren Bestand der Einigung spricht, dass man sich auf eine natürliche Grenze hat einigen können, eine mittig gelegene große Schlucht. Eine 1,2 Kilometer lange Grenze teilt nun die Insel in einen kanadischen West- und einen etwas größeren dänischen Ostteil. Mit ihr haben Kanada und Dänemark nun eine gemeinsame Landgrenze.