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Folge 25-22 vom 24. Juni 2022 / Bitcoin und Co. / Ausweg oder Falle? / Krypto-Währungen galten eine zeitlang als „das neue Gold“: Eine feste Währung, geschützt vor der Inflationspolitik der Notenbanken. Doch nun breitet sich zunehmend Ernüchterung aus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-22 vom 24. Juni 2022

Bitcoin und Co.
Ausweg oder Falle?
Krypto-Währungen galten eine zeitlang als „das neue Gold“: Eine feste Währung, geschützt vor der Inflationspolitik der Notenbanken. Doch nun breitet sich zunehmend Ernüchterung aus
Wolfgang Kaufmann

Bis heute weiß niemand, wer Satoshi Nakamoto ist. Oder ob diese Person überhaupt existiert. Dabei gilt sie als Erfinder des Bitcoin, der ersten und auch weltweit gebräuchlichsten Krypto-Währung. Der Bitcoin verkörpert einen digitalen Vermögenswert, welcher als universelles Zahlungsmittel eingesetzt werden kann. Warum „Nakamoto“ so etwas für nötig hielt, schrieb er im Februar 2009 nach der Ausgabe der ersten 50 Bitcoins: „Das Kernproblem konventioneller Währungen ist das Ausmaß an Vertrauen, das nötig ist, damit sie funktionieren. Der Zentralbank muss vertraut werden, dass sie die Währung nicht entwertet, doch die Geschichte des vom Staat herausgegebenen Geldes ist voll von Verrat an diesem Vertrauen. Banken muss vertraut werden, dass sie unser Geld aufbewahren und es elektronisch transferieren, doch sie verleihen es in Wellen von Kreditblasen mit einem kleinen Bruchteil an Deckung.“

Im Gegensatz zu Euro, Dollar und Co. werden die nur virtuell existierenden Bitcoins von einem gigantischen, weltweit verzweigten Rechnernetzwerk verwaltet, das alle Transaktionen akribisch festhält, womit Währungsmanipulationen unmöglich sind. Außerdem ist der Bitcoin durch das verwendete kryptographische Verfahren auch vollkommen fälschungssicher. Und natürlich erfolgt die Herstellung des Digitalgeldes nicht vermittels der Druckerpresse, was der Inflation Tür und Tor zu öffnen vermag, wie wir derzeit wieder sehen können. 

Allzeithoch bei fast 70.000 US-Dollar

Stattdessen wird der Bitcoin „geschürft“. Aufgrund des Umstandes, dass es keine zentrale regulierende Behörde gibt, muss das Netzwerk die Existenz des Krypto-Geldes immer wieder aufs Neue verifizieren. Bitcoin-Schürfer unterstützen diesen Prozess, indem sie die dafür nötigen, mit der Zeit immer komplexer werdenden mathematischen Aufgaben lösen, wofür eine immense Computerleistung nötig ist. Als Belohnung erhalten die „Miner“ dann neue Bitcoins, weswegen deren Gesamtmenge nach wie vor steigt, wobei „Nakamoto“ diese aber durch ein unveränderliches Netzwerkprotokoll auf insgesamt 21 Millionen begrenzt hat.

Und wenn etwas nicht in beliebiger Menge zur Verfügung steht, steigt normalerweise sein Preis, sofern es genügend Interessenten gibt. Das gilt auch für den Bitcoin. Beim ersten Warenaustausch unter Verwendung dieser virtuellen Währung bekam der Käufer am 22. Mai 2010 für 10.000 Bitcoins gerade einmal zwei Pizzen. Seitdem ist der Wert der Krypto-Währung regelrecht explodiert. Am 30. November 2013 war ein Bitcoin bereits 1000 US-Dollar wert, und am 17. Dezember 2016 überschritt der Kurs die Schwelle von 20.000 Dollar. Dem folgte ein heftiges Auf und Ab, bevor das Jahr 2021 neue Rekorde brachte. Bereits am 2. Januar lag der Wert eines Bitcoin bei 30.000 Dollar und wenige Tage später sogar bei 40.000 Dollar, was nicht zuletzt aus einem Bitcoin-Investment von Tesla in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar resultierte. Bis zum 10. November 2021 kletterte der Kurs auf das bisherige Allzeithoch von 68.744 Dollar. Ganz offensichtlich sahen viele Anleger im Bitcoin eine Rettung vor der Inflation. Anschließend ging es wieder steil bergab. Bis Juni 2022 verlor der Bitcoin mehr als 70 Prozent seines Wertes im Vergleich zum November des Vorjahres – und es könnte noch schlimmer kommen.

Dieser Kursverlust beim Bitcoin wie auch anderen Krypto-Währungen hat mehrere Ursachen. Zum Ersten wäre da die Erwartung weiter steigender Zinsen in den USA und anderswo, was schlecht für das virtuelle Geld ist, welches keine Zinsen abwirft. Zum Zweiten zeigen sich die Finanzmärkte in der Tendenz schlecht gelaunt, weil die weltweit hohe Teuerungsrate auf die Konsumbereitschaft der Menschen drückt. Zum Dritten mehren sich aktuell die Probleme bei dem dezentralen Finanzdienstleister Celsius Network, über den viele Transaktionen mittels Bitcoin laufen. Und zum Vierten wurden unlängst vertrauliche Dokumente publik, die belegen, dass die Europäische Union an einem Bitcoin-Verbot tüftelt, welches es bisher nur in einigen autoritären Staaten wie der Volksrepublik China gibt. 

„Nicht mal auf Sand gebaut“

Grund ist angeblich der enorme Stromverbrauch der Hochleistungsrechner, mit denen das Bitcoin-Schürfen betrieben wird. Forscher der Universität Cambridge schätzen diesen auf rund 130 Terawattstunden jährlich. Zum Vergleich: Die gesamte Bundesrepublik verbrauchte 2020 rund 488 Terawattstunden. Also soll es dem „Klimakiller“ Bitcoin an den Kragen gehen. Allerdings liegt das Vorhaben derzeit auf Eis. Möglicherweise deshalb, weil die Ukraine jetzt auch um Spenden in der digitalen Währung bittet, wobei bis April 2022 tatsächlich bereits Bitcoins im Wert von mehr als 60 Millionen US-Dollar eingegangen sein sollen. Ebenso werden regierungskritische Gruppen in Russland nun mittels verdeckter und geheimdienstlich nicht nachverfolgbarer Zahlungen in Krypto-Währungen unterstützt. 

Dabei dürfte der Ukraine und der russischen Opposition jetzt aber die gleiche böse Überraschung widerfahren wie der Führung des mittelamerikanischen Staates El Salvador. Um den nationalen und internationalen Zahlungsverkehr zu vereinfachen, beschloss Präsident Nayib Armando Bukele Ortez im September 2021, den Bitcoin als offizielle Zweitwährung einzuführen und gab anschließend bis zum Mai 2022 über einhundert Millionen US-Dollar an realem Geld für die Anhäufung einer „Währungsreserve“ in Höhe von 2300 Bitcoins aus, deren Wert sich durch den jetzigen Kursverfall mehr als halbiert hat.

Nun herrscht große Unsicherheit, wie die Zukunft der Kryptos aussehen könnte. Steigt deren Wert wieder oder fällt er weiter? Für den US-Ökonomen Paul Krugman, der 2008 den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt, liegt die Antwort klar auf der Hand. Die immer noch ziemlich große Popularität des virtuellen Geldes gemahne fatal an die gigantische Immobilienblase, welche 2007 geplatzt sei. Dabei handele es sich bei Währungen wie dem Bitcoin sogar um „ein Haus, das nicht einmal auf Sand gebaut ist, sondern auf rein gar nichts“.