27.04.2024

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Folge 25-22 vom 24. Juni 2022 / Östlich von Oder und Neiße / „Zotabarg“ hat die Chance auf größere Bekanntheit / Wiedereröffnung der Bahnstrecke Breslau–Zobten erschließt den Berg neu – Museum zeigt Arbeiten von Jaroslav Vonka

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-22 vom 24. Juni 2022

Östlich von Oder und Neiße
„Zotabarg“ hat die Chance auf größere Bekanntheit
Wiedereröffnung der Bahnstrecke Breslau–Zobten erschließt den Berg neu – Museum zeigt Arbeiten von Jaroslav Vonka
Chris W. Wagner

Nach 22 Jahren wurde am 12. Juni die Bahnlinie Breslau–Zobten am Berge [Wrocław–Sobótka] wieder in Betrieb genommen. Nun erreicht man den 30 Kilometer von der Metropole entfernten heiligen Berg der Schlesier – mundartlich Zotabarg – mit modernen Zügen der Niederschlesischen Bahngesellschaft (Koleje Dolnośląskie).

Bürgermeister Mirosław Jarosz freute sich, dass durch die reaktivierte Zugverbindung Zobten am Berge eine Chance bekommt, ähnlich wie Bad Flinsberg [Świeradów Zdrój], Krummhübel [Karpacz] oder Schreiberhau [Szklarska Poręba], ein lokaler Kurort zu werden. „Schließlich haben wir als Stadt viel zu bieten und eben nicht nur den Hausberg der Breslauer selbst“, sagt er.

Viele Touristen würden den Ort kaum kennen, da sie den Zobten direkt bestiegen, ohne zu ahnen, welch kleine Perle der Ort sei, meint Bartek Dziwak. Er ist Fotograf und Autor eines Reiseblogs. Dort gibt er auch den Tipp: „Nach Verlassen des Bahnhofs sollten Sie sich in Richtung der Hallenkirche St. Anna begeben. Im Inneren der einstigen Wallfahrtskirche sind der Hauptaltar von 1720 und die gotischen Heiligenfiguren besonders interessant“, versichert Dziwak. Und wer schon mal dort ist, dürfe an den einzigartigen keltischen Steinheiligtümern aus der Bronzezeit nicht vorbeigehen, die an der Kirche zu finden sind. „Eine der beiden erinnert an einen Löwen, die andere an einen Pilz, aber beide sind Fragmente von Menschenfiguren“, sagt er. In der Bronzezeit soll sich auf dem Zobten eine der nordöstlichsten Kultstätten der keltischen Boier befunden haben, eines Stammes der ursprünglich an Rhein, Main, Donau, in Böhmen, Mähren, der Slowakei, Ungarn, Österreich, auf den Balkan sowie in Oberitalien siedelte. Im Zobten-Museum (Muzeum Ślężańskie) finden sich archäologische Funde aus dem Leben der Boier.

Das Zobten-Museum zeigt auf Polnisch und Englisch eine Dauerausstellung zum Leben und Wirken des aus Horschitz [Hořice v Podkrkonoší] bei Königgrätz [Hradec Králové] stammenden Kunstschmiedes Jaroslav Vonka (1875–1952). Vonka war Professor an der Breslauer Städtischen Handwerker- und Kunstgewerbeschule. 1934 kaufte er in Zobten am Berge ein Haus, weil er dem Lärm der Schlesischen Metropole entrinnen wollte. Überdauert haben in Zobten am Berge nur zwei Fenstergitter von 1935. „Diese zierten die einstige Götsche-Apotheke (heute Apteka pod Orłem) am Ring“, so  Jacek Witecki vom Breslauer Nationalmuseum. Ihm ist es anhand eines Fotos gelungen, das Vonka vor seinem Haus zeigt, dieses zu lokalisieren: „Es ist das Nachbarhaus von Götsche am einstigen Robert-Rößler-Weg. In diesem Haus lebte der Ausnahmekünstler der Moderne bis 1945, als er aus Zobten am Berge in seinen Geburtsort fliehen musste.“

Sehenswerte Ausstellung

Doch allein das Gebäude des Zobten-Museums ist sehenswert. Es befindet sich im einstigen Klosterhospital aus dem 16. Jahrhundert. Dziwak ist passionierter Wanderer und schickt seine Blogleser selbstverständlich auch den Zobten hinauf. „An der Marienkirche steht ein Aussichtsturm, der eine atemberaubende Sicht bietet. Wer sich an der Schönheit des Mettkauer Staubeckens [jezioro Mietkowskie] sattgesehen hat, wandert an dem roten oder gelben Wanderweg bis zum Bahnhof zurück“, sagt er. Die Züge fahren im Zweistundentakt.