20.04.2024

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Folge 26-22 vom 01. Juli 2022 / Für Sie gelesen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-22 vom 01. Juli 2022

Für Sie gelesen

Kulturelle Rückschau

Den Einband des Buchs „Wüste Berlin“ ziert die junge Hildegard Knef mit Kamera vorm Brandenburger Tor. Kai-Uwe Merz betrachtet die Kulturgeschichte der Nachkriegszeit ab dem Ende des Krieges in der Reichshauptstadt am 2. Mai 1945 und setzt das Jahr 1953 als Schlusspunkt. In dem Jahr starb Ernst Reuter, Berlins Regierender Bürgermeister, der die Nachkriegszeit repräsentierte wie keine andere politische Figur.

Berlin war im Mai 1945 eine Wüste. Man erfährt, wie sich Berlin kulturell neu erfand. Im Buch begegnet man Schriftstellern wie Bertolt Brecht, Gottfried Benn, der Gruppe Ulbricht, Dirigenten, Architekten und vielen weiteren Kulturschaffenden.

Eindrückliche Fotos veranschaulichen das Gelesene. Herzergreifend mutet das alte Mütterchen an, in einer Wüste vorm Reichstag stehend, um diesen trostlosen Acker mit einer Hacke zu bearbeiten. Ebenso berührend ist ein Foto im Abschnitt Kriegsliteratur. Zu sehen ist die Gestalt eines durch einen Rotarmisten gefangen genommenen Wehrmachtssoldaten. Das dreckverschmierte Gesicht dieses noch so jungen Menschen prägt sich ein. 

Das Buch bietet eine kulturelle Rückschau auf die Jahre des Aufbruchs, die unerwartete Einblicke liefert. S. F.

Kai-Uwe Merz: „Wüste Berlin. Eine Kulturgeschichte der Nachkriegszeit“, Elsengold Verlag, Berlin 2022, gebunden, 240 Seiten, 25 Euro





Amerikanische Hungerlager

Es gab keinerlei Unterkünfte, keine Küchen, Latrinen oder Krankenreviere. In den ersten Monaten nach Kriegsende gruben sich die Gefangenen in den zahlreichen amerikanischen Lagern entlang des Rheins mit leeren Konservendosen Erdlöcher zum Schutz vor Wind und Kälte. Als besonders quälend schildern die Zeitzeugen den allgegenwärtigen Hunger.

In seinem in dritter, erweiterter Auflage erschienenen Buch „Rheinwiesen-Lager 1945–1948“ dokumentiert Horst W. Gömpel die schlechte Behandlung deutscher Kriegsgefangener durch die US-Armee anhand von etwa 4000 amtlich beglaubigten Zeitzeugenaussagen. Die Art der Behandlung war ein klarer Verstoß gegen die Genfer Konvention. Forscher gehen von Hunderttausenden Todesopfern in den Lagern der Alliierten im Westen aus. 

Gömpels Buch stellt eine akribisch recherchierte Dokumentation mit zahlreichen Bildern dar. Ihm gehe es nicht um eine moralische Aufrechnung oder Relativierung von Kriegsverbrechern, sondern darum zu zeigen, dass Deutsche nicht nur Täter, sondern auch Opfer waren. MRK

Horst W. Gömpel: „Rheinwiesen-Lager 1945–1948. Ein Trau-erspiel in Deutschland“, horstgoempel@gmx.de, Schwalmstadt 2021, broschiert, 261 Seiten, 22,50 Euro