25.04.2024

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Folge 27-22 vom 08. Juli 2022 / Korruption / Warum Ministerpräsident Kiril Petkow weg musste / Vor seinem Sturz hatte Bulgariens Regierungschef einen groß angelegten Schmuggel aufgedeckt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-22 vom 08. Juli 2022

Korruption
Warum Ministerpräsident Kiril Petkow weg musste
Vor seinem Sturz hatte Bulgariens Regierungschef einen groß angelegten Schmuggel aufgedeckt
Bodo Bost

Bulgariens erst seit dem 13. Dezember vergangenen Jahres amtierender Ministerpräsident Kiril Petkow ist seit einem erfolgreichen Misstrauensantrag der zur Parteienfamilie der Europäischen Volkspartei (EVP) gehörenden ehemaligen Regierungspartei GERB, der von drei weiteren Parteien unterstützt wurde, nur noch geschäftsführend im Amt. Die Abstimmung beendete die Bemühungen der Regierung Petkow, die Korruption in Bulgarien zu bekämpfen, das von Transparency International als der korrupteste Staat in der EU eingestuft wird, und stürzt das Land nach Jahren von Politikstillstand erneut in politische Instabilität. 

123 von 240 Abgeordneten stimmten am 22. Juni gegen die Regierung Petkow, darunter Abgeordnete der GERB, der türkisch-islamischen Bewegung für Rechte und Freiheiten (DPS), der Partei „Es gibt ein solches Volk“ (ITN), die bis zum 8. Juni Mitglied der Regierungskoalition war, und der der EU und dem Westen kritisch gegenüberstehenden Partei „Wiederkehr“. Petkow machte seinen von 2017 bis 2021 amtierenden Vorgänger Bojko Borissow, das in den USA auf der Schwarzen Liste stehende DPS-Mitglied Delyan Peevski, den ITN-Vorsitzenden Slawi Trifonow und die russische Botschafterin in Bulgarien, Eleonora Mitrofanowa, für seinen Sturz verantwortlich.

Außerhalb des Parlaments skandierten die Anhänger von Petkows Koalition während und nach der Abstimmung „Mafia raus“. Präsident Rumen Radew wird nun wohl Petkows Plattform „Wir setzen den Wandel fort“ (PP) einen neuen Regierungsauftrag erteilen. Scheitert Petkow, muss Radew die zweitgrößte Partei im Parlament, GERB, mit der Regierungsbildung beauftragen. Die Partei könnte theoretisch eine Mehrheit erlangen, müsste aber eine Koalition mit der EU- und NATO-kritischen Vazrazhdane, der nationalistischen und EU-skeptischen ITN und der in erster Linie die Interessen der türkischen Minderheit vertretenden DPS eingehen. Die Türkenpartei, wie sie auch genannt wird, ist zu einem Synonym für Korruption und undurchsichtige Geschäfte zwischen Politikern und umstrittenen Geschäftsleuten geworden.

Ausgelöst wurde der unerwartete und überraschende Sturz der Regierung Petkow durch die Aufdeckung eines offenbar jahrelang funktionierenden Systems von Drogenschmuggel über die EU-Außengrenze Bulgariens zur Türkei. Deshalb hatte Bulgariens Finanzminister Assen Wassilew am 14. Juni seinen deutschen Amtskollegen Christian Lindner gebeten, Zollexperten aus Deutschland nach Bulgarien zu schicken, um die Korruption am Grenzübergang Kapitan Andreewo – Kapıkule, dem meistbefahrenen Straßengrenzübergang an einer EU-Außengrenze, zu beseitigen.

Petkow hatte kurz zuvor aufgedeckt, dass es keine Pflanzenschutzkontrollen für Lebensmittel gibt, die über Kapitan Andreewo eingeführt werden. Ein privates Unternehmen, Evrolab 2011, war jahrelang für die Kontrolle zuständig, und Petkow beschloss, sich vor Ort ein Bild davon zu machen, wie die Kontrollen durchgeführt werden, nachdem Gerüchte über Korruption aufgekommen waren. Bei Petkows Kontrolle waren die Kameras, die die Inspektionen aufzeichnen sollten, ausgeschaltet, und es fanden keine Kontrollen statt. Daraufhin entzog die Regierung Evrolab 2011 die Betriebserlaubnis. Der zeitliche Zusammenhang zwischen der Aufdeckung des Schmuggels und dem Regierungssturz ist zu offensichtlich, als dass man von Zufall reden könnte.