25.04.2024

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Folge 27-22 vom 08. Juli 2022 / Kunstrückgaben / Der Aderlass in den Berliner Museen / Stiftung Preußischer Kulturbesitz trennt sich von vielen Objekten, denen der Makel kolonialer Kunst anhaftet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-22 vom 08. Juli 2022

Kunstrückgaben
Der Aderlass in den Berliner Museen
Stiftung Preußischer Kulturbesitz trennt sich von vielen Objekten, denen der Makel kolonialer Kunst anhaftet
H. Tews

Die Preußenstiftung SPK scheint in Geberlaune zu sein. Gleich mehrere Rückgabeaktionen von Kunstwerken, die sich in ihrem Besitz befinden, hat sie in den vergangenen Tagen veranlasst. Dabei handelt es sich in erster Linie um Kunst aus den ethnologischen Sammlungen, also das, was in vielfachen Fällen als „koloniale Raubkunst“ bezeichnet wird und was auf politischen Druck hin an die Ursprungsländer restituiert werden soll.

Kamerun darf sich auf die Rückgabe der Ngonnso-Figur freuen. Dabei handelt es sich um eine etwa einen Meter hohe Holzfigur, deren Körper mit Kaurischnecken bedeckt ist. Die bislang eher unscheinbare und als „Palmweinbehälter“ bezeichnete Skulptur – sie hält eine Schale auf dem Schoß – kam erst durch eine Aktivistin des Kameruner Stammes der Nso in die Diskussion. Sylvie Njobati, die Ngonnso als Gründergöttin ihres Stammes bezeichnet, vertritt dabei eine Initiative, welche die Figur „zurück nach Hause“ holen will. Das ist ihr nun geglückt.

Zwar wurde festgestellt, dass Ngonnso nicht durch Plünderung im Rahmen von Kriegshandlungen aus Kumbo, der Hauptstadt des Königsreichs Nso, entfernt wurde. Doch auch ohne konkrete Kampfhandlungen sei der Erwerb durch den preußischen Kolonialoffizier Curt von Pavel „Ausdruck ungleicher Machtverhältnisse und struktureller, kolonialer Gewalt“ gewesen, wie die SPK verlautbaren ließ. Daher sei eine Rückgabe gerechtfertigt.

Auch mit Namibia und Tansania hat die SPK Vereinbarungen getroffen, Kunstwerke aus dem Ethnologischen Museum zurückzuführen. So gehen 23 Objekte, darunter historische Alltagsgegenstände, Schmuck, Werkzeuge und Mode, nach Namibia. Mit Tansania beschloss man eine Rückführung einer Reihe von Objekten, die als Kriegsbeute aus dem Maji-Maji-Krieg und weiterer Kriege seit der Kolonialeroberung identifiziert wurden.

Zur Eröffnung des neuen Ostflügels des Humboldt Forums am 17. September soll sich eine Ausstellung der kritischen Betrachtung der Tansania-Sammlung widmen und deren kolonialzeitliche Kontexte beleuchten. Damit hat man das Problem gelöst, wie man diese Ausstellungsräume demnächst bespielen soll, ohne dabei politisch anzuecken und sich Kritik über angebliche koloniale Raubkunst anhören zu müssen.

Das betrifft auch die über 500 Berliner Benin-Bronzen, über die die PAZ bereits berichtet hatte und die praktisch als Leihgabe Nigerias im Ostflügel des Humboldt Forums ausgestellt werden, ehe auch sie restituiert werden sollen. Der Stiftungsrat der SPK unter Vorsitz von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hat beschlossen, demnächst mit Nigeria eine Eigentumsübertragung auszuhandeln. Ohne diese abzuwarten, hat die SPK bereits zwei Bronzen kürzlich ausgehändigt.

Doch der Aderlass geht weiter: So hat man zwei graphische Werke aus dem Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin an die Erben des Chemnitzer Bankiers Carl Heumann restituiert, die er als Jude während des Nationalsozialismus veräußern musste. Man darf gespannt sein, auf was man in Berlin demnächst noch alles verzichten will.