26.04.2024

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Folge 27-22 vom 08. Juli 2022 / Ernährung / Agrarpolitiker müssen umdenken / Die Folgen des Ukrainekriegs werfen alte Konzepte über den Haufen – Es gilt, Hungersnöte in armen Ländern zu verhindern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-22 vom 08. Juli 2022

Ernährung
Agrarpolitiker müssen umdenken
Die Folgen des Ukrainekriegs werfen alte Konzepte über den Haufen – Es gilt, Hungersnöte in armen Ländern zu verhindern
Dagmar Jestrzemski

Als Folge des Ukrainekriegs wird eine Hungerkrise in vielen armen Ländern der Welt befürchtet, da Russland wochenlang die Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine verhindert hat. Ein Großteil des für den Export bestimmten Getreides liegt im Schwarzmeerhafen Odessa. Es wird befürchtet, dass die blockierte Menge bis zum Herbst auf 75 Millionen Tonnen anwachsen könnte. Mit der Aufhebung der Blockade verknüpfte der Kreml die Forderung, dass die gegen Russland verhängten Sanktionen von den daran beteiligten Ländern aufgehoben werden. 

Auch in Deutschland wird eine Erhöhung der Produktion durch eine veränderte Flächennutzung angestrebt, um mehr Getreide für den Weltmarkt zu produzieren. In der Diskussion stehen allerdings neue Verordnungen der EU-Agrarreform, die dieser Zielrichtung im Wege stehen. Ab Herbst 2022 sollen Landwirte vier Prozent ihrer Flächen nicht mehr beackern und einsäen, um EU-Direktzahlungen zu erhalten. 

Der Deutsche Bauernbund (DB) fordert eine Verschiebung und eine flexiblere Anwendung von EU-Vorgaben zu Brachflächen und zum Wechsel von Anbaupflanzen. Wie der DB ist auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) unzufrieden mit der seit Anfang des Jahres geltenden verschärften Düngemittelverordnung auf Grundlage der sogenannten Roten Liste. Um das Problem der durch Nährstoff-Überschüsse belasteten Gewässer in den Griff zu bekommen, schlägt die AbL stattdessen die konsequente Umsetzung des Verursacherprinzips vor: Zu viele Tiere werden in einigen Regionen Deutschlands auf viel zu kleiner Fläche gehalten.

Biosprit „aus der Zeit gefallen“

Einen Umbau der Tierhaltung mit dem Ziel deutlich verringerter Stückzahlen will auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). Dafür soll es eine Anschubfinanzierung geben. Özdemirs Ziel ist eine „zukunftsfeste, naturverträgliche“ Landwirtschaft. Er warnt davor, den Krieg in der Ukraine für Lobby-Interessen zu missbrauchen. Im Namen der aktuell gefährdeten Ernährungssicherung werben Politiker und Lobbyisten in Brüssel und Berlin für einen weitgehenden Verzicht auf den Natur- und Umweltschutz in der Landwirtschaft. 

Die Umweltverbände wollen hingegen verhindern, dass der Ökolandbau wegen einer möglichen globalen Nahrungsmittelknappheit ausgebremst wird. Mit der Parole „Lebensmittel gehören auf den Teller statt in den Tank“ prangert die Deutsche Umwelthilfe den „ausufernden Flächenfraß“ durch Monokulturen für Agrosprit an. Dieser sei ein großes Problem für Klima, Natur und Nahrungsmittelsicherheit. Noch immer subventioniert die EU die Produktion von sogenannten Biokraftstoffen, was bislang als wichtiger Beitrag zur Energiewende propagiert wurde. In Deutschland wachsen auf mehr als 1,2 Millionen Hektar Getreide und Ölpflanzen für die Biospritproduktion. 

Nachdem Greenpeace die Verwendung von Kraftstoffen aus Ackerpflanzen als „umweltpolitischen Unsinn“ bezeichnet hat, machen jetzt auch die Grünen eine verspätete Kehrtwende. Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat bekannt, dass der große Einsatz von Nahrungs- und Futtermittelpflanzen für die Tanks von Autos „aus der Zeit gefallen“ sei und beendet werden müsse.