25.04.2024

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Folge 28-22 vom 15. Juli 2022 / Steigende Energiepreise / Eine kalte Dusche für viele Mieter / Wegen der Energiekrise drehen bereits erste Vermieter zu bestimmten Zeiten das Warmwasser ab – Trotzdem höhere Nebenkosten für Mietwohnungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-22 vom 15. Juli 2022

Steigende Energiepreise
Eine kalte Dusche für viele Mieter
Wegen der Energiekrise drehen bereits erste Vermieter zu bestimmten Zeiten das Warmwasser ab – Trotzdem höhere Nebenkosten für Mietwohnungen
Peter Entinger

Es kommen kalte Zeiten auf die Mieter zu. Die Wohnungsgenossenschaft Dippoldiswalde im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge hat angekündigt, wegen drastisch gestiegener Energiepreise die Versorgung mit Warmwasser einzuschränken. Dieses ist nicht mehr rund um die Uhr, sondern nur noch zeitweise verfügbar. Zudem wird die Heizung bis September nicht mehr angedreht. 

„Es geht nicht darum, die Mieter zu ärgern, sondern sich auf das einzustellen, was wir im nächsten Jahr vielleicht sonst nicht mehr bezahlen können“, sagte Genossenschaftssprecher Falk Kühn-Meisegeier. Es gehe lediglich um einen Beitrag, sich ein wenig einzuschränken, denn weil das Leben so schon teuer genug sei, wolle man, dass Mieter gut durch diese Krise kommen.

Die Sorge vor einem möglichen Totalausfall von russischen Gaslieferungen wächst seit Monaten. Selbst Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat die Bevölkerung kürzlich auf einen „kalten Winter“ eingestimmt und die Menschen aufgefordert, Energie zu sparen. Die Genossenschaft begründete die Maßnahme auch damit, dass sie gegenüber dem örtlichen Energieversorger in Vorkasse gehen müsse. Statt wie bisher 100.000 Euro seien nun 400.000 Euro fällig. Daher habe man bereits im April die Höhe der Vorauszahlung für Betriebskosten verdoppelt. 

Man wolle einerseits nicht in die Situation kommen, zahlungsunfähig zu werden, anderseits wolle man verhindern, dass Mieter sich die Nebenkosten nicht mehr leisten könnten. „Bei uns wohnen keine Einkommensmillionäre. Die Leute müssen einfach die Preisspirale bewältigen können“, teilte Kühn-Meisegeier mit. 

Hände mit kaltem Wasser waschen

Es steht zu befürchten, das dieses „Energiesparmodell“ aus Sachsen bundesweit Schule macht. Rechtlich unumstritten ist das Vorhaben jedoch nicht. „Das geht so gar nicht“, sagte Florian Bau vom sächsischen Mieterbund. Ein Vermieter dürfe nicht einseitig beschließen, das Warmwasser abzudrehen. „Mängelfrei ist eine Wohnung dann, wenn 24 Stunden am Tag warmes Wasser zur Verfügung steht“, sagte Bau. Sei das nicht der Fall, könnten Bewohner unter Umständen die Miete mindern. In jedem Fall hätten sie einen gesetzlichen Anspruch auf warmes Wasser. 

Der Mieterbund rät den Mietern, vorausschauend zu sein. Man könne das Gespräch mit dem Vermieter suchen und die Nebenkosten-Pauschale anpassen. Verbraucherschützer warnen, dass der eigentliche drastische Anstieg bei den Nebenkosten erst im kommenden Jahr bei den Haushalten ankommen werde. Denn für die Nebenkostenabrechnung 2022 können sich Vermieter bis Ende 2023 Zeit lassen. 

Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, schlug vor, dass Verbraucher schon jetzt höhere monatliche Abschläge auf ihren Verbrauch zahlen. „Viele Haushalte werden erst bei der Heizabrechnung im nächsten Jahr bemerken, wie stark der Preis gestiegen ist und die Nachzahlungen nicht stemmen können“, sagte er. 

Die Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen hat ausgerechnet, dass fast zwei Drittel der Deutschen mindestens einmal am Tag duschen. Die tägliche Duschzeit liegt im Durchschnitt bei acht bis zwölf Minuten. Etwa 20 Prozent des Energieverbrauches für Wärme sind Warmwasser geschuldet. Die Experten empfehlen die Duschzeit auf fünf Minuten zu reduzieren oder die Temperatur um zwei bis drei Grad zu verringern. Damit könne man einen beträchtlichen Teil an Energie sparen, heißt es. Zudem wird die Benutzung von kaltem Wasser empfohlen. Wer seine Hände mit Seife wäscht, benötige kein warmes Wasser. Die Seife würde den Schmutz auch mit kaltem Wasser entfernen.

Die Empfehlungen scheinen bei einem Teil der Bevölkerung angekommen zu sein. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov hat ergeben, dass viele Bürger ihr Verhalten bereits angepasst haben. Demnach hat jeder Zehnte seit Beginn des Ukrainekriegs damit begonnen, seinen Energieverbrauch zu reduzieren. Die Tendenz sei rapide steigend. Der Trend dürfte sich mit Beginn der Heizperiode noch verstärken. Minister Habeck ist jedenfalls der Ansicht, dass die derzeitige durchschnittliche Raumtemperatur von 22 Grad „zu hoch“ sei. Der Bochumer Immobilienriese Vonovia hat bereits angekündigt, die nächtliche Heizungstemperatur in seinen Mietwohnungen auf 17 Grad zu senken.