29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 28-22 vom 15. Juli 2022 / Straßenblockaden / Justiz vor „schwierigen Rechtsfragen“ / Klimaschützer der Gruppierung „Letzte Generation“ begingen seit Jahresanfang bereits 800 Straftaten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-22 vom 15. Juli 2022

Straßenblockaden
Justiz vor „schwierigen Rechtsfragen“
Klimaschützer der Gruppierung „Letzte Generation“ begingen seit Jahresanfang bereits 800 Straftaten
Norman Hanert

Seit Jahresanfang hat die Berliner Polizei bereits mehr als 800 Anzeigen im Zusammenhang mit Straßenblockaden durch sogenannte Klimaschützer der Gruppierung „Letzte Generation“ aufgenommen. Dabei geht es meist um den Vorwurf der  Nötigung und des Widerstands. Trotz dieser hohen Zahl von Fällen tut sich Berlins Justiz erstaunlich schwer bei der Strafverfolgung. Bei der Staatsanwaltschaft sind bislang 73 Ermittlungsverfahren bearbeitet worden. Zu einer Anklage oder einem Strafbefehl gegen einen der Straßenblockierer ist es jedoch bislang in keinem einzigen Fall gekommen.

Polizei sieht Handlungsbedarf

Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sieht Handlungsbedarf: „Angesichts von über 800 Verfahren sollte der Rechtsstaat transparent kommunizieren, warum bisher noch nichts passiert ist, damit in der Bevölkerung nicht der Eindruck entsteht, dass er Straftaten durchgehen lässt, nur weil sie politisch en vogue sind.“ Generalstaatsanwältin Margarete Koppers verwahrte sich gegen solche Kritik. Dabei sprach Koppers von „politischen Wunschvorstellungen“. Auch aus der Staatsanwaltschaft selbst wurde auf „schwierige Rechtsfragen“ hingewiesen, da Ablauf und die Auswirkungen der einzelnen Blockaden genau geklärt werden müssten.

Die Gewerkschaft der Polizei erkennt durchaus an, dass die Vorbereitung von Anklagen durch die Staatsanwaltschaft ihre Zeit braucht. Verwundert zeigt sich die GdP allerdings über den Verzicht auf andere Mittel, die auch das Landesrecht bereithält. Laut Jendro ist etwa fraglich, „warum die Staatsanwaltschaft die Festgenommenen aktuell nicht mal einem Richter vorführen lässt oder eine eventuelle temporäre Ingewahrsamnahme nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz prüft und so verhindert, dass sie am nächsten Tag woanders sitzen und kleben“. 

Belastungsprobe für den Senat

Inzwischen entwickelt sich das Vorgehen der Hauptstadt-Justiz sogar zu einer Belastungsprobe für den rot-grün-roten Senat. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und auch Innensenatorin Iris Spranger (beide SPD) haben mehr als einmal die Straßenblockaden als strafbare Handlungen bewertet. Laut der Innensenatorin sind die Polizeikräfte schnell vor Ort und schreiten schnell ein, wenn die „Letzte Generation“ in Berlin Straßen blockiert. Zugleich sprach die Innensenatorin die Erwartung aus, „dass die Justiz dann auch zu Verurteilungen kommt“.

Justizsenatorin Lena Keck (Linkspartei) reagierte darauf mit einem deutlichen Hinweis auf die Gewaltenteilung. Zudem brachte die Justizsenatorin ihre Ansicht vor, dass sich die Aktivisten bei ihren Aktionen auf einem schmalen Grat bewegen würden. In Betracht könnten Straftatbestände wie Nötigung, Widerstand und Hausfriedensbruch kommen. Aus Sicht der Linken-Politikerin sei diese Bewertung aber bislang nicht sicher. „Das ist eine diffizile Frage“, so die Justizsenatorin.

Mittlerweile muss sich Berlins Justiz auch noch damit auseinandersetzen, ob eine Grünen-Politikerin am Rande einer Straßenblockade möglicherweise in aller Öffentlichkeit Straftaten gebilligt hat. Clara Hermann, die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, hat im Juni eine Blockadeaktion der „Letzten Generation“ in ihrem Bezirk besucht. Kurz nach 8 Uhr morgens hatten etwa 65 Demonstranten die verkehrsreiche Kreuzung am Frankfurter Tor besetzt. 

Nach der Aktion verbreiteten die Klima-Aktivisten ein Video, in dem die Grüne sagte: „Hallo, ich bin Clara Hermann, die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg. Ich bin heute hier kurz hergekommen, um zu zeigen, dass es eine Solidarität gibt und dass wir gemeinsam anpacken müssen, um die Klimakrise zu bewältigen.“

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey reagierte darauf mit einem Hinweis auf die Neutralitätspflicht von Amtsträgern: „Ich kann nicht nachvollziehen, wie sich eine Bezirksbürgermeisterin, die auch Repräsentantin des Staates ist, mit solchen Straftaten solidarisch zeigen kann“, so Giffey. 

Verweis auf Neutralitätspflicht

Auch der CDU-Abgeordnete Christopher Förster reagierte scharf: „Wenn es um die eigene Ideologie geht, ist den Aktivisten von Bündnis 90/Die Grünen alles recht. Selbst der Schulterschluss mit radikalen Kriminellen, die jegliche Haltung zu Demokratie und Rechtsstaat verloren haben, kommt ihnen gelegen.“ Der stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Thorsten Weiß, hat gegen Herrmann sogar Strafanzeige gestellt. Mit ihrer Solidaritätsbekundung für die Straßenblockierer hat Herrmann laut Weiß nicht nur gegen ihre Neutralitätspflicht als Bürgermeisterin verstoßen, sondern auch Straftaten gebilligt. „Das ist ein Straftatbestand“, so das Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin.