25.04.2024

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Folge 29-22 vom 22. Juli 2022 / Politik / Das Scheitern der grünen Leitkultur / Der Energienotstand offenbart, wie sehr Deutschland sich in den vergangenen Jahren in eine wirtschafts- und gesellschaftspolitische Sackgasse manövriert hat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-22 vom 22. Juli 2022

Politik
Das Scheitern der grünen Leitkultur
Der Energienotstand offenbart, wie sehr Deutschland sich in den vergangenen Jahren in eine wirtschafts- und gesellschaftspolitische Sackgasse manövriert hat
René Nehring

Die Grünen sind ohne Zweifel ein Phänomen. Obwohl sie seit ihrer Gründung im Januar 1980 bei Bundestagswahlen kein einziges Mal auch nur 15 Prozent erreichten und viele Male aus den Landtagen flogen, bestimmen sie den deutschen Zeitgeist wie keine zweite politische Kraft. Egal, ob Kernenergie, Gentechnik, Familienpolitik, Verteidigung, Wohnungspolitik oder der alles dominierende Kampf gegen den Klimawandel – die Leitkultur der Republik ist seit Langem grün gefärbt. 

Möglich wurde dieser Erfolg durch eine – von geneigten Medien unterstützte – falsche Fortschrittserzählung. Tatsächlich standen die Grünen fast immer gegen den Fortschritt, sei es bei der Weiterentwicklung der Kernkraft oder in der Gentechnik und erst recht bei der Mobilität. Fast immer setzten grüne Politiker auf Planwirtschaft und Verbote anstatt auf marktwirtschaftliche Lösungen. Das Einzige, was bei den Grünen stets modern war, war ihre Öffentlichkeitsarbeit, die jedoch vor allem auf Ängste – etwa vor der nahenden „Klimaapokalypse“ – setzte. 

Möglich wurde der Erfolg der Grünen auch durch die intellektuelle Einfallslosigkeit und Feigheit der etablierten Parteien. Anstatt auf die bewährten Rezepte einer erfolgreichen Wirtschaftsnation zu pochen, duckten sich CDU/CSU, SPD und FDP lieber weg – oder buhlten gar um die Gunst der „Öko-Partei“. Am weitesten ging dabei die Union, die für den Traum von einer „neuen Bürgerlichkeit“ bereit war, fast alle eigenen Grundsätze aufzugeben. So konnten die Grünen selbst dann noch den Zeitgeist bestimmen, wenn sie auf den harten Oppositionsbänken saßen. 

Was dabei auf der Strecke blieb, war der gesunde Menschenverstand. Denn die meisten Programmpunkte der Grünen widersprachen nicht nur den Lebenswelten der Deutschen, sondern verstießen schlicht gegen Naturgesetze. Das beste Beispiel hierfür ist das Setzen auf Wind- und Solarenergie, obwohl jedes Kind weiß, dass diese nicht ganzjährig rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Selbst die Tatsache, dass Deutschland in seiner Industriepolitik der letzten Jahre zunehmend einen Sonderweg ging – den man den Altvorderen des Kaiserreichs immer vorgeworfen hatte –, focht die Protagonisten von heute nicht an. Am grün-deutschen Wesen sollte die Welt genesen. 

Folgen eines deutschen Sonderwegs

Das Problem dabei war, dass Deutschland durch diesen Sonderweg nicht nur auf einzigartige Weise seiner Wirtschaftskraft beraubt wurde, sondern auch in die Abhängigkeit von Russland geriet. Trotzdem setzten sich die grünen Minister Habeck und Baerbock nach dem Ausbruch des Ukrainekriegs an die Spitze der Boykottbefürworter. Gründe Ideologie war wieder einmal wichtiger als Fakten.  

Damit ist es nun vorbei: Deutschland steht vor einer historischen Energieknappheit. Der Wirtschaftsminister ruft den „Gasnotstand“ aus, die Preise für alle Energiearten schießen durch die Decke 

– und überall im Lande fordern Politiker zu Sparsamkeit und Enthaltsamkeit auf. 

Ein altes Sprichwort sagt, dass man sich „grün sein“ leisten können muss. Tatsächlich waren die grünen Träume – die in dieser Obsession in keinem anderen Land der Welt geteilt wurden – nur deshalb möglich, weil der von früheren Generationen erarbeitete Wohlstand es ermöglichte. Nun, da sichtbar wird, dass grüne Träume im realen Leben den Wohlstand von Millionen bedrohen, stellen die Deutschen fest, dass sie sich „grün sein“ nicht mehr leisten können. Die Folgen der Energieknappheit spüren sie eben dort, wo es ihnen besonders wehtut – am eigenen Leibe und im eigenen Portemonnaie. 

Bleibt die Frage, wann die anderen Parteien aufwachen und zu einem eigenständigen Denken zurückfinden – und vor allem zurück zu jenem Fortschrittsdenken, das Deutschland vor langer Zeit zu einer großen Industrienation gemacht hat. Sollten sie diese Rückbesinnung verweigern, droht nicht nur das Ende der grünen Leitkultur – dann gehen im ganzen Land die Lichter aus. Im wörtlichen und im übertragenen Sinne.