19.04.2024

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Folge 29-22 vom 22. Juli 2022 / Attentate / Kein singuläres Ereignis in der Geschichte Japans / Vor Shinzō Abe starben bereits mehrere Premierminister des fernöstlichen Inselstaats durch politisch motivierte Morde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-22 vom 22. Juli 2022

Attentate
Kein singuläres Ereignis in der Geschichte Japans
Vor Shinzō Abe starben bereits mehrere Premierminister des fernöstlichen Inselstaats durch politisch motivierte Morde

Das vermutlich von einem Einzeltäter verübte Attentat auf den ehemaligen japanischen Premierminister Shinzō Abe ist kein singuläres Ereignis in der Geschichte des fernöstlichen Inselstaates. Vielmehr traf es in den 113 Jahren zuvor bereits sechs frühere oder amtierende Regierungschefs von Japan. Dabei wurden die Morde in weiteren drei Fällen von allein agierenden Personen verübt, und dreimal fanden diese im Rahmen von Militärputschen statt.

Zu Beginn starb Graf Hirobumi Itō, der im Jahre 1885 zum ersten Premierminister Japans überhaupt ernannt worden war und dieses Amt bis 1901 schließlich noch weitere drei Mal bekleidete. Er fungierte von November 1905 bis Juni 1909 als Generalresident des japanischen Protektorates Korea und erlag am 26. Oktober 1909 auf dem Bahnhof von Harbin in der Mandschurei drei tödlichen Schüssen aus der Waffe des koreanischen Nationalisten und Unabhängigkeitskämpfers An Chung-gun, der dafür am 26. März 1910 in Port Arthur gehängt wurde.

Am 4. November 1921 wiederum erstach der Weichensteller Konichi Nakaoka den amtierenden 19. japanischen Premierminister Takashi Hara auf dem Bahnhof von Tokio beim Besteigen eines Schlafwagens. Der Täter gab hernach an, dass er den Kurs von Haras Partei Rikken Seiyūkai ablehne.

Osachi Hamaguchi, der 27. Premier Nippons, wurde ebenfalls auf dem Bahnhof von Tokio attackiert. In diesem Falle feuerte Sagoya Tomeo von der ultranationalistischen Geheimgesellschaft Aikokusha am 14. November 1930 mehrere Schüsse auf den 60-Jährigen ab, der als Gegner des Militärs galt. Hamaguchi überlebte zunächst, starb dann jedoch am 26. August 1931 an den Spätfolgen seiner Verwundung.

Tsuyoshi Inukai war der 29. japanische Regierungschef und stand auf einer Todesliste der Terrorgruppe Ketsumaidan, die Anfang 1932 bereits den ehemaligen Finanzminister Junnosuke Inoue sowie den Direktor des Mitsui-Konzerns Takuma Dan ermordet hatte und zudem auch viele Anhänger unter den Seekadetten der Kaiserlichen Marine und Offiziersschülern des Heeres fand. Als diese am 15. Mai 1932 vergeblich versuchten, das politische System Japans mit Gewalt zu verändern, drangen sie in die Residenz von Inukai ein und erschossen den Politiker. 

Und schließlich starb beim ebenfalls gescheiterten Militärputsch vom 26. Februar 1936 auch noch der japanische Finanzminister und ehemalige 20. Premier Korekiyo Takahashi. Er wurde von den beiden Offizieren Motoaki Nakahashi und Kanji Nakajima durch Schüsse und Schwerthiebe im Schlaf massakriert. Zeitgleich erschoss eine andere Gruppe aufständischer Militärs unter Oberstleutnant Naoshi Sakai den einstigen 30. Premierminister und nunmehrigen Lordsiegelbewahrer Makoto Saitō.

Weniger Attentate nach dem Krieg

Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches Großjapan infolge seiner militärischen Totalniederlage im Pazifischen Krieg waren Attentate auf Politiker dann hingegen etwas sehr Seltenes, was für einen deutlichen Mentalitätswandel im Lande spricht. Letztendlich gab es bis zum Mord an Abe lediglich drei einigermaßen vergleichbare Vorfälle: Der Vorsitzende der Sozialistischen Partei Japans, Inejirō Asanuma, wurde am 12. Oktober 1960 während einer im Fernsehen übertragenen Wahlkampfrede in der Tokioter Hibiya Hall von dem 17jährigen Ultranationalisten Otoya Yamaguchi mit einem traditionellen Samurai-Kurzschwert erstochen. Und am 25. Oktober 2002 beziehungsweise 18. April 2007 traf es den Unterhausabgeordneten der Demokratischen Partei Japans, Kōki Ishii, sowie den Bürgermeister von Nagasaki, Itchō Itō. Die beiden fielen Angriffen von Yakuza-Gangstern zum Opfer. Im ersteren Falle soll ein gewisser Ito Hakusui zugestochen haben und im zweiteren Fall feuerte Tetsuya Shirō zwei Schüsse aus seiner Schrotflinte ab. 

Dabei handelten die Täter jeweils aus reichlich banalen Motiven. Der eine mordete wegen des Ausbleibens von Schutzgeldzahlungen und der andere, weil er sich darüber geärgert hatte, dass sein Wagen in eine ungesicherte Baugrube gefahren war und die Haftpflichtversicherung der Stadt nicht für den Schaden aufkommen wollte.W.K.