17.04.2024

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Folge 29-22 vom 22. Juli 2022 / Ärztemangel / KV richtet in Berliner Problembezirken Praxen ein / Niedergelassene Ärzte meiden ehemalige Oststadtteile – Angst vor der Selbstständigkeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-22 vom 22. Juli 2022

Ärztemangel
KV richtet in Berliner Problembezirken Praxen ein
Niedergelassene Ärzte meiden ehemalige Oststadtteile – Angst vor der Selbstständigkeit
Frank Bücker

Im ehemaligen Ostberlin sind die Bezirke Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick mit Hausärzten unterversorgt. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) hat im Lichtenberger Ortsteil Hohenschönhausen nun die erste Arztpraxis in eigener Trägerschaft eröffnet. 

Ärzte, die das wirtschaftliche Risiko einer selbstständigen Tätigkeit tragen wollen, fanden sich nicht mehr. In der KV-Praxis ist kein niedergelassener Arzt tätig, sondern er arbeitet als Angestellter der Kassenärztlichen Vereinigung. Er erhält ein festes Gehalt. Stadtquartiere, in denen viele ältere Kassenpatienten und wenigen Privatpatienten wohnen, sind für niedergelassene Ärzte unattraktiv. Bis zum Jahresende soll im Bezirk-Berlin Lichtenberg im Ortsteil Karlshorst eine weitere Arztpraxis mit einem oder mehreren angestellten Ärzten hinzukommen.

Bezirksbürgermeister Michael Grunst von den Linken sagte: „Wir freuen uns sehr, dass die KV-Praxis am Prerower Platz nun öffnet. Die medizinische Versorgung wird sich damit deutlich verbessern“. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung, Burkhard Ruppert, ergänzte: „Ziel dieser Praxen ist es, die hausärztliche Versorgung zu ergänzen und an den Standorten, wo sich erkennbar keine niederlassungswilligen Hausärztinnen und Hausärzte finden, Praxen aufzubauen. Die Hoffnung ist groß, dass wir mit unserem Engagement die hausärztliche Versorgung in den Bezirken wieder auf ein Normalmaß anheben“. 

Versorgungsgrad bei 110 Prozent

Ärzte lassen sich lieber dort nieder, wo es viele Privatpatienten gibt. Der Versorgungsgrad für Gesamtberlin liegt bei etwa 110 Prozent. Eine Studie der kassenärztlichen Vereinigung kommt zu folgendem Ergebnis: „In den wohlhabenden Bezirken im Südwesten Berlins ist die ärztliche Versorgung generell außerordentlich gut. Manchmal weniger gut, oft jedoch deutlich schlechter sieht es insbesondere in Neukölln, Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick und eben Lichtenberg aus.“ In Charlottenburg-Wilmersdorf liegt laut Studie der Wert sogar bei 131 Prozent, in Lichtenberg jedoch nur bei 81 Prozent. Treptow-Köpenick mit 84 Prozent und Marzahn-Hellersdorf mit 89 Prozent liegen im Ranking nicht viel besser. 

Die Krankenkassen und die Kassenärztliche Vereinigung bezuschussen bereits jetzt Hausärzte, die sich in den drei Problembezirken niederlassen. In Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick verschärft sich das Problem durch den Zuzug neuer Einwohner durch rege Neubautätigkeit. In den drei Problembezirken kommt es mitunter vor, dass ältere Ärzte, die ihre Tätigkeit aufgeben wollen, keinen Nachfolger finden, dem sie die Praxis  und die Patienten übergeben können. 

Belastung für die Landesfinanzen

Die Situation belastet derweil die Landesfinanzen. Denn dort, wo Fachärzte fehlen, gehen viele Patienten in die Notaufnahme der Krankenhäuser. Mit den Patienten, die ambulant versorgt werden könnten, fahren die Krankenhäuser hingegen 

Verluste ein, die wiederum durch Zahlungen des Senats ausgeglichen werden müssen. 

Im früher „schwierigen“ Bezirk Neukölln gibt es inzwischen jedoch ausreichend niedergelassene Ärzte.