18.04.2024

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Folge 29-22 vom 22. Juli 2022 / Ausstellung / Ein „genialer Feuerkopf“ / Ein Liebhaber von Natur, Poesie und Werken E. T. A. Hoffmanns – Lübeck präsentiert den jungen Brahms

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-22 vom 22. Juli 2022

Ausstellung
Ein „genialer Feuerkopf“
Ein Liebhaber von Natur, Poesie und Werken E. T. A. Hoffmanns – Lübeck präsentiert den jungen Brahms
Helga Schnehagen

Die denkmalgeschützte Villa Brahms vor dem Lübecker Burgtor ist seit 20 Jahren der herrschaftliche Sitz des Brahms-Instituts, das als selbstständige Einrichtung der Musikhochschule Lübeck angegliedert ist. Wechselnde Einblicke in die einzigartige Quellensammlung des Instituts zu Johannes Brahms und seiner Zeit bekommt die Öffentlichkeit bei den jährlichen Sommerausstellungen. „Der junge Brahms – Zwischen Natur und Poesie“ ist dieses Jahr das Thema, das bis zum 17. Dezember gezeigt wird.

Das populäre Bild des in Hamburg geborenen Komponisten und Pianisten Johannes Brahms (1833–1897) ist geprägt von der bärtigen, abgeklärten „Jupiter“-Figur der Altersfotografien. Die Fotografie des 20-jährigen „Hans aus Hamburg“ hingegen zeigt einerseits einen eher schüchternen, romantisch-verklärten Jüngling, der sich aber andererseits mit Napoleon-Gestus seiner Genialität schon durchaus bewusst zu sein scheint.

„Der junge Brahms ist ein genialer Feuerkopf, der romantische Literatur verschlingt“, so Institutsleiter Wolfgang Sandberger. Die Werke des Königsberger Schriftstellers E. T. A. Hoffmann zogen Brahms bereits in jungen Jahren derart in ihren Bann, dass er sich mit Hoffmanns autobiographischer Figur „Kapellmeister Kreisler“ aus dessen „Fantasiestücken“ und dem Roman „Lebens-Ansichten des Katers Murr“ identifizierte und Autographe und Briefe sogar als „Johannes Kreisler“ unterschrieb. 

Brahms verschlang die Eichendorff-Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“, entwickelte mit Macphersons „Ossian“ eine literarische Schottland-Begeisterung und interessierte sich für Volkslieder aus verschiedenen Ländern. 1952 unternahm er eine Rheinreise, wobei er eine innige Beziehung zur Natur entwickelte, die ihn ebenfalls zu Kompositionen inspirierte. 1953 ging er mit dem ungarischen Violinvirtuosen Eduard Reményi (1828–1898) auf Tournee.  

Die Ausstellung macht in rund 80 Exponaten auf diese Inspirationsquellen des jungen Komponisten aufmerksam. Dazu gehören Bücher aus der Bibliothek von Brahms sowie Noten und Fotografien. Von seiner romantischen Rheinreise sind sogar der mit Anmerkungen gespickte Reiseführer ausgestellt und ein Brief.

Gleich auf mehreren herausziehbaren Schubladen verteilt sich der erstaunliche Bestand an Familienfotos vom Stammsitz der Familie in Heide, heute Museum, über Brahms’ in den 1950er Jahren abgerissenen Geburtshaus im heutigen Hamburger Komponistenquartier an der Peterstraße, bis hin zu den Verwandten, Eltern, Geschwistern und der Stiefmutter. Ergänzt wird die Ausstellung durch vier Hörstationen, welche die Präsentation mit professionellen Textlesungen und passenden Musikbeispielen akustisch ergänzen. Dazu laden bequeme Sessel ein, die auf vier Stunden begrenzte Besuchszeit voll auszukosten.

Villa Brahms, Jerusalemsberg 4, geöffnet: Mittwoch und Sonnabend von 14 bis 18 Uhr, Eintritt frei. Ausstellungskatalog „Der junge Brahms: Zwischen Natur und Poesie“ in der edition text + kritik, 112 Seiten, 19,90 Euro, www.brahms-institut.de