26.04.2024

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Folge 29-22 vom 22. Juli 2022 / Ernst Ludwig Heim / Ein Spitzenarzt mit Herz und sozialer Ader / Zu seinen Patienten gehörten Mittellose ebenso wie Königin Luise, deren letzter behandelnder Arzt er war

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-22 vom 22. Juli 2022

Ernst Ludwig Heim
Ein Spitzenarzt mit Herz und sozialer Ader
Zu seinen Patienten gehörten Mittellose ebenso wie Königin Luise, deren letzter behandelnder Arzt er war
Manuel Ruoff

Der am 22. Juli 1747 in Solz bei Meiningen zur Welt gekommene Thüringer Ernst Ludwig Heim war der Sohn eines publizierenden Pfarrers und einer Pfarrerstochter. Das mag ebenso eine Erklärung für sein mitfühlendes Herz und seine Nächstenliebe wie für seine solide Ausbildung sein. Erst unterrichtete ihn sein Vater, ab dem 16. Lebensjahr besuchte er das Lyzeum und ab 1766 studierte er Medizin in Halle, Jena und Leipzig. Schnell setzte sich seine außergewöhnliche Begabung durch. Insbesondere die Diagnose war seine Stärke. Bereits vor dem Examen hatte er einen ansehnlichen Patientenkreis. 

1772 promovierte er. Ungeachtet seiner Begabung verzichtete er auf eine Universitätslaufbahn. Stattdessen machte er mit seinem Freund Friedrich Wilhelm Daniel Muzell, dessen Vater Leibarzt Friedrichs des Großen war, eine Studienreise durch die Niederlande, Großbritannien und Frankreich. 

1775 machte er Examen. Nach einer kurzen Tätigkeit an der Charité vermittelte ihn der Vater seines Freundes Muzell im darauffolgenden Jahr eine Stelle als Stadtphysikus in Spandau. 1778 wurde er als Kreisphysikus für das Osthavelland zuständig. 

Auf Rat seines Freundes Muzell zog er 1783 nach Berlin, wo er am Gendarmenmarkt eine Praxis betrieb. Heim praktizierte sehr erfolgreich. Drei- bis viertausend Patienten behandelte er jährlich. Auch die staatliche und gesellschaftliche Spitze wollte von ihn behandelt werden. Er wurde Hofrat und Leibarzt der königlichen Familie. Königin Luise konnte allerdings auch seine ärztliche Kunst nicht retten. 1810 stand er als der letzte sie behandelnde Arzt an ihrem Sterbebett.

Die hohe Anerkennung, die Heim bereits zu Lebzeiten genoss, resultierte nicht nur aus seinen Fähigkeiten als Arzt, sondern auch daraus, dass er diese auch in den Dienst weniger zahlungskräftiger Kranker stellte, ja selbst mittelloser. Noch in seinem 82. Lebensjahr ritt er zu über 2000 Armenpatienten, um sie zu behandeln. Er stellte diesen nicht nur sein Können unentgeltlich zur Verfügung, sondern bezahlte auch noch die von ihm ihnen angeratenen Medikamente. 

Auch gesellschaftlich war der Mediziner aktiv. So gilt er als Mitbegründer des modernen Gesundheitswesens in Berlin. Seuchenbekämpfung war sein Ziel, und das sowohl unter den Menschen als auch Tieren. Vehement kämpfte er für die Hygiene und gegen die Verschmutzung von Straßen und Spree. Ab 1806 gehörte er als Armenarzt dem Armendirektorium an.

Medizinisch besonders bewandert war Heim auf dem Gebiet der Pocken. Nachdem der englische Landarzt Edward Jenner 1796 bei einem Jungen die erste Kuhpockenimpfung vorgenommen und diese der Öffentlichkeit breiter bekannt gemacht hatte, führte Heim ab der Jahrhundertwende in Berlin die ersten Impfungen mit dem aus England kommenden Serum durch und setzte sich anschließend für diese Form der Pockenprävention ein. 

Ein Hobby Heims war die Botanik. Nach einem Arztbesuch bei den Humboldts wurde er zum Botaniklehrer des damals achtjährigen Alexander von Humboldt. 1777 wurde ihm sogar der botanische Lehrstuhl an der Viadrina in Frankfurt an der Oder angeboten. 

1822 konnte Heim sein goldenes Promotionsjubiläum feiern. In jenem Jahr wurde er nicht nur mit dem akademischen Beinamen „Zimmermann I.“ zum Mitglied der Leopoldina gewählt. Vielmehr informierte der Botaniker Heinrich Friedrich Link ihn feierlich, dass eine bis dahin unbekannte mexikanische Pflanzengattung aus der Familie der Weiderichgewächse ihm zu Ehren den Namen „Heimia“ erhalten habe, um das Andenken „des Botanikers Heim“ zu verewigen. Und Ehrenbürger Berlins wurde Heim auch 1822, als bis dahin erst vierter nach dem Oberkonsistorialrat und Propst zu Berlin Konrad Gottlieb Ribbeck, dem Rechnungsführer der Stadtschuldenkasse Heinrich Falckenberg und dem „Marschall Vorwärts“ Gebhard Leberecht von Blücher.

Ein Dutzend Jahre später, am 15. September 1834, starb der so Geehrte in Berlin. Den 150. Jahrestag seines Ablebens nahm die Deutsche Bundespost Berlin zum Anlass, ihn mit einer Briefmarke zu ehren. Seine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof II der Jerusalemer und Neuen Kirche in Berlin-Kreuzberg gehört zu den Ehrengräbern der Stadt Berlin.