19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 29-22 vom 22. Juli 2022 / Indigene Völker / Betreten nur auf eigene Gefahr / Auf manchen Inseln im Indischen Ozean leben einige Völker auf Steinzeitniveau – Fremde Gäste sind unerwünscht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-22 vom 22. Juli 2022

Indigene Völker
Betreten nur auf eigene Gefahr
Auf manchen Inseln im Indischen Ozean leben einige Völker auf Steinzeitniveau – Fremde Gäste sind unerwünscht
Wolfgang Kaufmann

North Sentinel Island ist die westlichste Insel der zu Indien gehörenden Andamanen und Nikobaren. Und einer der gefährlichsten Plätze der Welt. Denn jeder, der hier an Land geht, riskiert den sofortigen Tod. Zuletzt traf es den US-amerikanischen Missionar John Allen Chau. Der wollte den Inselbewohnern das Evangelium verkünden und wurde bei seinem dritten diesbezüglichen Versuch am 17. November 2018 getötet. Chaus Leiche liegt noch immer auf dem knapp 60 Quadratkilometer großen Eiland – und die Täter blieben bis heute unbehelligt.

Dies resultiert aus dem Umstand, dass die indische Regierung 1990 einen Master-Plan zum Schutz der damals noch auf Steinzeitniveau lebenden Sentinelesen verabschiedet hatte, in dem es heißt, die selbigen würden „das Wohlwollen der modernen Zivilisation nicht brauchen … Wenn sie überhaupt etwas brauchen, dann ist es Nicht-Einmischung.“ 

Dem folgte 1996 das förmliche Verbot, North Sentinel Island zu betreten, was selbst für das indische Militär oder Wissenschaftler gilt. Seitdem ist die Insel absolutes Sperrgebiet beziehungsweise „Reserviertes Stammesgebiet“ einer „Registrierten Stammesgemeinschaft“, welche zudem noch als „Besonders gefährdete Stammesgruppe“ eingestuft wurde. Das gibt den Sentinelesen unter anderem das uneingeschränkte Recht, sich mit Gewalt gegen jeglichen Versuch der Kontaktaufnahme zu wehren.

Dass die derzeit geschätzt 100 Bewohner von North Sentinel Island Fremden in aller Regel extrem feindlich gegenüberstehen, geht wahrscheinlich auf das Jahr 1879 zurück. Damals unternahm der britische Verwalter der Andamanen, Maurice Vidal Portman, eine Expedition auf die Insel, in deren Verlauf er sechs Sentinelesen nach Port Blair auf South Andaman Island verschleppen ließ. Zwei starben im Verlauf der Aktion, und die restlichen vier brachten bei ihrer Rückkehr mehrere Infektionskrankheiten mit, die den Stamm erheblich dezimierten. 

Das Immunsystem der Ureinwohner konnte den unbekannten Erregern nichts entgegensetzen, was sich daraus erklärt, dass ihre Vorfahren bereits vor 100.000 Jahren aus Afrika auf die Andamanen gekommen waren und seither in völliger Isolation gelebt hatten. Letzteres führte im Übrigen auch zu einer starken genetischen Verarmung sowie zum Entstehen diverser rezessiver Erbkrankheiten.

Andere urtümliche Völker auf den Andamanen und Nikobaren wie die Bo verhielten sich weniger abweisend und sind dadurch inzwischen nun ausgestorben. Oder stehen zumindest kurz davor. Das betrifft unter anderem die Shompen, Bea, Jeru, Khora, Pucikwar, Jawara und Onge. Inwieweit die Sentinelesen von ihrer durch Hubschrauber und Patrouillenboote der indischen Marine geschützten Abgeschiedenheit profitieren und eine Überlebenschance besitzen, wird die Zukunft zeigen. 

Auf jeden Fall haben sie inzwischen waffentechnisch den Sprung aus der Stein- in die Eisenzeit geschafft. Denn ihre Pfeile tragen neuerdings Spitzen, welche recht kunstfertig aus dem Metall von Schiffswracks vor North Sentinel Island gefertigt wurden.