19.04.2024

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Folge 30-22 vom 29. Juli 2022 / Gipfel von Teheran / Einer für alle und jeder für sich selbst / Iran, Russland, Türkei – Die drei Staaten trennt mehr, als sie verbindet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-22 vom 29. Juli 2022

Gipfel von Teheran
Einer für alle und jeder für sich selbst
Iran, Russland, Türkei – Die drei Staaten trennt mehr, als sie verbindet
Bodo Bost

Beim Gipfel von Teheran versuchte der Gastgeber zumindest symbolisch und gestenhaft an den Gipfel von Teheran von 1943 anzuknüpfen, als die drei Sieger des Zweiten Weltkrieges zusammenkamen.  Ob es sich diesmal um Sieger handelte, blieb offen, denn zwei der Gipfelteilnehmer befinden sich in Kriegen. 

Dennoch trug Wladimir Putin ein aufgesetzt wirkendes Lächeln zur Schau, Recep Tayyip Erdoğan eher ein besorgtes Grinsen. Zwischen den beiden stand ein Mann, Irans Präsident Ebrahim Raissi, der sie mit ruhigem Gesicht an der Hand hielt. Das Bild sollte auch ein Seitenhieb auf Joe Bidens Nahost-Reise eine Woche zuvor sein. Russland, die Türkei und der Iran haben völlig unterschiedliche Visionen und Ziele. Am besten zeigt sich das in Syrien: Moskau und Teheran unterstützen das Assad-Regime, Ankara unterstützt einige Rebellengruppen.

Die Reise war die zweite Auslandsreise Putins seit der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar. Bei einem Treffen zwischen dem Obersten Führer des Iran, Ali Chamenei, und dem Kremlchef rief der Religionsführer zu einer langfristigen Zusammenarbeit zwischen ihren beiden Ländern auf. 

Der eigentliche iranische Entscheidungsträger lobte die Stärke seines Gesprächspartners und unterstützte mehr oder weniger deutlich die Ukraine-Politik seines Gastes. Er erkannte zwar „das Leid, das gewöhnliche Menschen während des Krieges erdulden müssten“ an, betonte aber vor allem, dass Moskau seiner Meinung nach in der Ukraine kaum eine Alternative hatte. „Wenn Sie nicht die Initiative ergriffen hätten, hätte die andere Seite (der Westen) von sich aus einen Krieg angezettelt“, sagte das geistliche Oberhaupt zu Putin.

Für Teheran ist die Stärkung der Beziehungen zu Moskau in der gegenwärtigen Situation entscheidend. Beide Staaten sind Opfer von Sanktionen der westlichen Welt. Trotz einer gemeinsamen, dem Westen feindlich gesinnten Vision, teilen Teheran und Moskau nicht systematisch dieselben Interessen. Sie haben nicht dieselben Beziehungen zu Israel, dem Erzfeind des Iran, und auch nicht zu den arabischen Golfstaaten. Auf kürzere Sicht stehen sie auf dem Rohstoffmarkt in Konkurrenz zueinander. Die Islamische Republik, die durch den Anstieg der Ölpreise infolge des Krieges in der Ukraine beflügelt wurde, setzt zum großen Teil auf die Unterstützung des Kreml, um US-amerikanische Zugeständnisse im Atomstreit zu erreichen. 

Ankara ist kein Verbündeter

Dritter Schlüsselakteur des Gipfels war die Türkei, vertreten durch Präsident Erdoğan. In Putins Augen sicherlich kein Verbündeter, die Türkei ist NATO-Mitglied, sondern nur ein Partner. Erdoğan ließ Putin vor einer Gruppe von Journalisten eine Minute warten, was diesen demütigte. Putin zeigte in dieser Situation eine Vielzahl nervöser Zuckungen, ein Zeichen seiner äußersten Anspannung. 

Während des Gipfels bekräftigte der türkische Staatschef seine Entschlossenheit, seine Militäroperationen gegen die kurdischen Kämpfer der YPG „bald“ fortzusetzen, eine Drohung, die seinen beiden Partnern jedoch sehr missfällt. 

Der Gipfel im Astana-Format ging wohl von Russland aus, weil Putin für seine Heimatfront unbedingt Bilder braucht, die zeigen, dass Moskau nicht isoliert ist. Für Moskau birgt ein erneuter Vorstoß Ankaras in Syrien Risiken. Russland ist an der ukrainischen Front derart engagiert, dass es sich eine Eskalation in Nordsyrien nicht leisten kann. 

Teheran versicherte, dass es „keine Änderungen“ in seiner Atompolitik gebe, nachdem ein iranischer Beamter einige Tage zuvor die technische Fähigkeit des Landes zum Bau einer Atombombe hervorgehoben hatte. Was das Thema Massenvernichtungswaffen betrifft, so habe man die Fatwa des Obersten Führers, welche die Herstellung solcher Waffen verbietet, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Nasser Kanani. Diese Fatwa wird von den iranischen Behörden regelmäßig als Garantie für die guten Absichten Teherans angeführt.