24.04.2024

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Folge 30-22 vom 29. Juli 2022 / Patentstreit / Ideenklau unter Vorzeige-Unternehmen? / CureVac bezichtigt das Mainzer Vorzeigeunternehmen BioNTech, fremde Patente für die Entwicklung eigener Covid-19-Impfstoffe verwendet zu haben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-22 vom 29. Juli 2022

Patentstreit
Ideenklau unter Vorzeige-Unternehmen?
CureVac bezichtigt das Mainzer Vorzeigeunternehmen BioNTech, fremde Patente für die Entwicklung eigener Covid-19-Impfstoffe verwendet zu haben
Wolfgang Kaufmann

CureVac ist nach eigenen Angaben „ein globales biopharmazeutisches Unternehmen“ mit Hauptsitz in Tübingen, „das eine neue Medikamentenklasse auf Basis von Messenger-Ribonukleinsäure (mRNA) entwickelt“ hat. Die Firma galt in der Anfangsphase der COVID-19-Pandemie als der erfolgversprechendste Kandidat für die Herstellung eines wirksamen Corona-Impfstoffes. 

Allerdings erzielte das von CureVac fabrizierte Vakzin CVnCoV (Zorecimeran) nur eine Wirksamkeit von 48 Prozent, wie sich während der Phase 2b/3 der klinischen Studien herausstellte. Deshalb zog das Unternehmen den Antrag auf Zulassung von CVnCoV durch die Europäische Arzneimittelagentur EMA Ende Oktober 2021 zurück. 

Während CureVac somit scheiterte, machte der Mainzer Konkurrent BioNTech mit seinem angeblich eigenständig entwickelten und gemeinsam mit dem US-Pharmariesen Pfizer produzierten Impfstoff BNT162b2 alias Corminaty beziehungsweise Tozinameran das große Geschäft. 2021 betrug der Gewinn von BioNTech 10,3 Milliarden Euro, und 2022 wird mit ähnlichen Zahlen gerechnet. Hiervon könnte nun eventuell auch CureVac profitieren.

Das Tübinger Unternehmen gab am 5. Juli bekannt, „dass es seine geistigen Eigentumsrechte aus mehr als zwei Jahrzehnten Pionierarbeit in der mRNA-Technologie geltend machen wird, die zur Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen beigetragen haben. CureVac hat beim Landgericht Düsseldorf Klage gegen die BioNTech SE und zwei ihrer Tochterunternehmen eingereicht und fordert eine faire Entschädigung für die Verletzung einer Reihe der geistigen Eigentumsrechte von CureVac wie EP 1 857 122 B1, DE 20 2015 009 961 U1, DE 20 2021 003 575 U1 und DE 20 2015 009 974 U1, die bei der Herstellung und dem Verkauf von Comirnaty, dem mRNA-COVID-19-Impfstoff von BioNTech und Pfizer, verwendet wurden.“ 

Mit den Kürzeln sind Patente im Besitz von CureVac gemeint, die sich unter anderem auf „die technische Herstellung von mRNA-Molekülen einschließlich Sequenzmodifikationen zur Erhöhung der Stabilität und zur Verbesserung der Proteinexpression sowie die mRNA-Impfstoffformulierung, die für SARS-CoV-2-Impfstoffe spezifisch sind“, beziehen.

Bei CureVac ist man der Ansicht, dass das Unternehmen in den letzten 22 Jahren die Grundlagen für die mRNA-Technologie geschaffen habe und somit der „früheste Pionier“ auf diesem Gebiet sei. Dementsprechend müssten seine „Rechte an geistigem Eigentum in Form einer fairen Vergütung anerkannt und respektiert werden“.

Auch ein US-Konzern klagt an

Dass die Klage erst jetzt eingereicht wurde, begründete CureVac zum einen mit vorhergehenden Gesprächen mit BioN­Tech-Vertretern, welche jedoch zu keiner Einigung geführt hätten, und zum anderen mit der Situation der letzten beiden Jahre: „Zum Peak der Pandemie wären wir nicht auf die Idee gekommen, die Sache auf den Tisch zu bringen. Globale Impfkampagnen, Booster-Impfungen: In diese Maßnahmen wollten wir nicht reingrätschen. Jetzt, wo es eine bessere Kontrolle über die Pandemie gibt, war daher der richtige Zeitpunkt“, sagte die CureVac-Sprecherin Sarah Fakih. 

Sonst gibt sich die Klägerin generös: „CureVac strebt … keine einstweilige Verfügung an und beabsichtigt auch nicht, rechtliche Schritte einzuleiten, die die Produktion, den Verkauf oder den Vertrieb von Comirnaty durch BioNTech und seinen Partner Pfizer behindern könnten.“ Man wolle einfach nur eine „Vergütung“ für „jahrzehntelange wissenschaftliche Forschung und Innovation, … um in die Weiterentwicklung der mRNA-Technologie und neuer Klassen lebensrettender Medikamente investieren zu können“.

Die Reaktion von BioNTech bestand bislang nur in einer knappen schriftlichen Stellungnahme: „BioNTech respektiert geistige Eigentumsrechte. Die Arbeit von BioNTech ist originär, und wir werden sie entschieden gegen alle Anschuldigungen der Patentverletzung verteidigen.“ Dem folgte dann noch der Hinweis, es sei nicht ungewöhnlich, dass andere Pharmafirmen angesichts des Erfolges des BioNTech-Vakzins nun behaupteten, der Impfstoff verletze ihre Urheber- oder Patentrechte. Und tatsächlich hat mittlerweile auch das US-Unternehmen Alnylam Pharmaceuticals, welches ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der mRNA-Technologie leistete, BioNTech und Pfizer auf Schadenersatz verklagt.

Wenn CureVac nicht einlenkt, droht BioNTech ein langwieriger Rechtsstreit vor der Patentkammer des Düsseldorfer Landgerichtes. Allerdings könnte das Mainzer Pharmaunternehmen das Verfahren noch mit einer erfolgreichen Gegenklage zur Feststellung der fehlenden Schutzwürdigkeit der CureVac-Patente abwenden.