In der kleinen Republica Moldova (Moldawien), die zwischen der Ukraine und Rumänien liegt, droht mittlerweile eine ganz ähnliche Entwicklung wie in der Ukraine, wobei die Anfänge des Ganzen im August 1991 liegen. Damals proklamierte die Moldauische Sowjetrepublik ihre Unabhängigkeit von der UdSSR. Dem folgte 1992 ein kurzer, aber heftiger Bürgerkrieg, in dem sich die östlich des Dnister liegenden und vorwiegend von Russen oder Ukrainern bewohnten Landesteile abspalteten. Die firmieren seither als Pridnestrowische Moldauische Republik (besser bekannt als Transnistrien), welche freilich nicht einmal von Russland anerkannt wird.
Moskau schützt Regierung in Tiraspol
Gleichzeitig stützt Moskau aber die „Regierung“ in Tiraspol und hat auch Truppen zur Kontrolle des Waffenstillstands mit Rest-Moldawien in Transnistrien stationiert. Ähnliche Loslösungsbestrebungen gab es in Gagausien, wo neben dem turksprachigen Volk der Gagausen gleichfalls viele Russen leben. Dieser Konflikt konnte jedoch 1994 durch die Einrichtung der Autonomen territorialen Einheit Gagausien gelöst werden.
Anschließend suchte die Regierung Moldawiens zunehmend die Nähe zur Europäischen Union, wobei es zugleich auch Stimmen aus der rumänischsprachigen Mehrheitsbevölkerung gab, welche die Vereinigung mit Rumänien forderten. Am 27. Juni 2014 unterzeichneten Moldawien und die EU ein Assoziierungsabkommen, das im Juli 2016 in Kraft trat.
Allerdings amtierte dann ab dem 23. Dezember 2016 der prorussische Sozialist Igor Dodon als Präsident und verhinderte weitere Avancen an Brüssel. Dodon unterlag jedoch bei der Präsidentschaftswahl vom 15. November 2020 der prowestlichen Kandidatin Maia Sandu von der liberalen Partidul Acțiune și Solidaritate (Partei der Aktion und Solidarität, PAS), die für eine noch engere Anbindung an die EU eintrat und darüber hinaus nun auch die USA als „wichtigen strategischen Partner“ bezeichnete.
Parallel zu den Ergebenheitsadressen an Brüssel und Washington verschärfte Sandu ihre Rhetorik gegenüber Moskau und forderte im Januar 2022 den Abzug der russischen Truppen aus Transnistrien. Dabei berief sich die moldauische Präsidentin auf einen „individuellen Partnerschaftsplan“ mit der NATO. Und dann goss Kiew ebenfalls noch Öl ins Feuer: „Sobald Ihr uns im Frieden oder im Krieg braucht, werden wir Euch immer zu Hilfe kommen“, versicherte der ukrainische Präsidentenberater Olexij Arestowytsch der Führung in der moldauischen Hauptstadt Kischinau Anfang Mai.
Kurz zuvor waren von ukrainischer Seite aus Drohnen über die Grenze zu Transnistrien geflogen und hatten dort in der Nähe des Dorfes Voronkovo mehrere Explosionen verursacht. Ebenso gab es Bombenanschläge auf zwei Sendemasten der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti in der Ortschaft Maiac und das Gebäude des transnistrischen Ministeriums für Staatssicherheit.
Anstatt in dieser Situation zu deeskalieren, äußerte der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, unmittelbar darauf: „Wir planen, die Unterstützung für Moldawien deutlich zu erhöhen. Wir stellen zusätzliche Ausrüstung für ihre Streitkräfte bereit.“
Sandu treibt ein gefährliches Spiel
Parallel hierzu regte sich in Moldawien aber größerer öffentlicher Widerstand gegen den scharfmacherischen Kurs der Regierung Sandu. Hieraufhin wurde der nunmehrige Oppositionsführer Dodon unter Hausarrest gestellt und die Pressezensur verschärft. Darüber hinaus verlängerte Sandu den bereits seit Ende 2021 geltenden Ausnahmezustand am
23. Juni um weitere 45 Tage. Außerdem ersetzte sie den noch von Dodon ernannten Chef des moldauischen Geheimdienstes Serviciul de Informații și Securitate (SIS), Alexandr Esaulenco, durch einen ihrer Günstlinge namens Alexandru Musteata, der auch über die rumänische Staatsbürgerschaft verfügt.
Dergestalt innenpolitisch gestärkt, verkündete die Präsidentin am 21. Juli, das Waffenstillstandsabkommen mit Russland, das den Bürgerkrieg in Transnistrien beendete, sei vom Kreml mit Gewalt erzwungen worden und habe die Probleme in der Region „bis heute nicht gelöst“. Zeitgleich verhinderten moldauische Grenztruppen den turnusmäßigen Austausch der rund 1500 Angehörigen der russischen Militärmission in Transnistrien, welche die Einhaltung der Abmachungen von 1992 kontrollieren soll. Dadurch könnte Moskau sich nun veranlasst sehen, weitere Teile der ukrainischen Schwarzmeerküste zu annektieren, um einen Landkorridor nach Transnistrien zu schaffen. Insofern betreibt Sandu ein höchst gefährliches Spiel.