29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 31-22 vom 05. August 2022 / Ukraine / Stühlerücken in Kiew / Die Motive hinter Präsident Selenskyjs umstrittenen letzten Personalentscheidungen bleiben unklar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-22 vom 05. August 2022

Ukraine
Stühlerücken in Kiew
Die Motive hinter Präsident Selenskyjs umstrittenen letzten Personalentscheidungen bleiben unklar
Wolfgang Kaufmann

Am 17. Juli entließ der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa und den Direktor des Inlandsgeheimdienstes SBU, Iwan Bakanow. Er begründete dies in einem längeren Dekret, in dem es unter anderem hieß: „Bis heute wurden 651 Strafverfahren wegen Landesverrats und Kollaboration seitens von Mitarbeitern der Staatsanwaltschaften, Ermittlungsbehörden und anderer Strafverfolgungsbehörden registriert … Insbesondere sind mehr als 60 Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft und des Sicherheitsdienstes der Ukraine im besetzten Gebiet geblieben und arbeiten gegen unseren Staat.“ 

Einen Tag später kündigte Selenskyj an, dass er weitere 28 Angehörige des SBU aus ihren Ämtern entfernen wolle. Diesmal lautete der Vorwurf statt Hochverrat nur „unbefriedigende Arbeitsergebnisse“. 

Außerdem ernannte er Bakanows bisherigen Stellvertreter Wassyl Malyuk zum kommissarischen Chef des Geheimdienstes. Malyuk ist im Gegensatz zu Bakanow kein Quereinsteiger und Jugendfreund Selenskyjs, sondern ein Absolvent der Akademie des SBU. Er war bislang für die Korruptionsbekämpfung zuständig und an der Enttarnung eines hochrangigen SBU-Beamten beteiligt, dem vorgeworfen wird, geheime Informationen an Russland weitergegeben zu haben. 

Graue Eminenz hinter Selenskyj 

Am 19. Juli wiederum mussten auch noch der Vizedirektor des Inlandsgeheimdienstes, Wolodymyr Horbenko, sowie die SBU-Regionalchefs von Sumy, Dnipropetrowsk, Poltawa, Schytomyr und Transkarpatien ihre Posten räumen. Dem folgte am 20. Juli eine Erklärung Selenskyjs, dass er eine neue Parlamentskommission einrichten wolle, deren Aufgabe darin bestehen solle, den Einsatz westlicher Waffen in der Ukraine zu überwachen: „Um allen Manipulationen russischer Propagandisten und derer, die ihnen in der 

Ukraine oder anderswo helfen, entgegenzuwirken, wird ein solches zusätzliches parlamentarisches Kontrollinstrument eingerichtet.“ 

Außerdem hieß es an diesem Tag, man gehe jetzt auch verstärkt gegen jene 

ukrainischen Verräter vor, die dem Feind heimlich als Artilleriebeobachter dienen. Dazu gehöre die Aussetzung eines Kopfgeldes von 100 US-Dollar für die Ergreifung solcher Personen.

In Anbetracht der Lage in der Ukraine erscheinen diese Maßnahmen als durchaus angebracht. Dennoch regt sich Kritik am Vorgehen Selenskyjs. So mutmaßen Oppositionspolitiker wie Wolodymyr Ariew, dass manche der Personalentscheidungen auf das Wirken von Andrij Jermak zurückgingen. Der frühere Filmproduzent und nunmehrige Leiter des Präsidialamtes der Ukraine gilt als Graue Eminenz hinter Selenskyj und soll kein gutes Verhältnis zu Bakanow und Wenediktowa haben. Deshalb könnten die beiden auch das Opfer interner Machtkämpfe geworden sein. Auf jeden Fall ist der Nachfolger der Generalstaatsanwältin, Oleksiy Symonenko, ein enger Vertrauter von Jermak, den Ariew mittlerweile ganz offen als „Gefahr für die ukrainische Demokratie“ bezeichnet.