26.04.2024

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Folge 32-22 vom 12. August 2022 / Sächsische Schweiz / „Reduktion der außerordentlich hohen Wegdichte“ / Wie der Mensch systematisch aus der Natur verbannt werden soll

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-22 vom 12. August 2022

Sächsische Schweiz
„Reduktion der außerordentlich hohen Wegdichte“
Wie der Mensch systematisch aus der Natur verbannt werden soll
Wolfgang Kaufmann

Zwischen den Jahren 1912 und 1989 wurden immer wieder einzelne Bereiche des Elbsandsteingebirges unter Naturschutz gestellt. Mit Ausnahme der räumlich eng begrenzten Totalreservate schloss das aber nicht aus, dass der Mensch das Gebirge erwandern konnte. Auch nach der Gründung des Nationalparks Sächsische Schweiz im September des Jahres 1990 änderte sich daran zunächst nichts Grundlegendes. 

2003 legte die Parkverwaltung dann allerdings ein gänzlich neues „Wegekonzept“ vor, demzufolge Wege nur noch dann begangen werden dürften, wenn sie entsprechend gekennzeichnet seien. Allerdings unterblieb die versprochene Markierung der Mehrzahl der bis dahin legal nutzbaren Wege. Somit waren plötzlich 80 Prozent der traditionellen Pfade und Steige gesperrt, was einen Sturm der Entrüstung auslöste. 

Aber das reichte den Naturschützern noch nicht. Sie forderten 2012 eine darüber hinausgehende „Reduktion der außerordentlich hohen Wegdichte“, um den „Besucherdruck … zu vermindern“. Und diese erfolgte dann auch.

Äußere Umstände kamen ihnen dabei zur Hilfe. Weil die trocken-sandige Sächsische Schweiz kein geeigneter Standort für Fichten-Monokulturen ist und sich zudem auch der Borkenkäfer ausbreitete, starben etwa 300.000 der Nadelbäume ab. Anschließend stürzte ein Teil der Baumleichen um, besonders dann, wenn Stürme über das Gebirge fegten. Dadurch wurden zahlreiche weitere Wege unpassierbar, weil es dem nunmehrigen Naturschutzkonzept widersprach, das Totholz aus dem Wald zu räumen. Und so stehen dem Wanderer in vielen Gebieten statt ehedem um die 100 nur noch ein bis fünf Wege zur Verfügung. Darauf drängen sich dann naheliegenderweise die Menschen, was zu neuerlichen Warnungen vor der „Übernutzung“ der Landschaft und Rufen nach radikaler Eindämmung führt.

Ein typisches Beispiel hierfür ist der Forderungskatalog des Landesverbandes Sachsen des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) vom 20. Juli vergangenen Jahres mit dem Titel „Nationalpark Sächsische Schweiz – quo vadis?“ Darin heißt es einleitend, das Gebirge, habe „eine für Nationalparks beispielslose Wegedichte, die allein schon massiv erschwert, dass der Nationalpark gemäß Bundesnaturschutzgesetz (§ 24 BNatschG) den ‚ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik‘ gewährleisten kann.“ 

Deshalb verlangte der BUND-Sachsen, dass „das Wegenetz auf den Prüfstand kommt mit dem Ziel, es deutlich zu reduzieren“. Ebenso wollen die Naturschützer, dass die „Verkehrssicherung mit Augenmaß geschieht – und vorübergehende Wegesperrungen umgesetzt werden, wo es vertretbar ist – bis die Bäume von selbst umgestürzt sind“. Genau dies passiert schon längst und hat die Ausbreitung der derzeitigen Waldbrände ermöglicht. Darüber hinaus möchte der BUND, dass „Kletteraktivitäten … auf ein naturverträgliches Maß angepasst werden … und freie Übernachtungen im Nationalpark deutlich eingeschränkt und langfristig ausgeschlossen werden“. 

Diese Forderungen fielen bei der Nationalparkverwaltung, die dem grün geführten Sächsischen Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft (SMEKUL) untersteht, erwartungsgemäß auf fruchtbaren Boden. Das beweist das diesen April verhängte Verbot des traditionellen Freiübernachtens in der Zeit von Februar bis Juni aus Gründen des Vogelschutzes. 

Allerdings steht zu erwarten, dass nun auch die Waldbrände und die daraus resultierende Bodenerosion Anlass zu weiteren drastischen Einschränkungen für Wanderer und Bergsportler geben werden. Das erste Betretungsverbot wurde mittlerweile bereits verhängt, ohne dass abzusehen ist, wie lange es gilt. 

Damit dürfte die Zukunft der Sächsischen Schweiz letztlich so aussehen: An einigen wenigen Punkten, an denen man Touristen viel Geld abknöpfen kann, wird die Landschaft zubetoniert wie auf der Bastei oder mit hölzernen Leitplanken im Wald zwecks „Besucherlenkung“ verschandelt wie auf dem Lilienstein. Zum „Ausgleich“ dessen hat der Mensch dann im Rest des Gebirges nichts mehr zu suchen.