26.04.2024

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Folge 32-22 vom 12. August 2022 / Wer mit den Grünen tanzt … / Die Erwartungen vieler CDU-Mitglieder und Stammwähler an Friedrich Merz waren groß. Unter ihm, so die Hoffnung, werde die Union zu ihrem gewohnten Kurs der Vor-Merkel-Ära zurückkehren. Doch bislang hat sich wenig geändert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-22 vom 12. August 2022

Wer mit den Grünen tanzt …
Die Erwartungen vieler CDU-Mitglieder und Stammwähler an Friedrich Merz waren groß. Unter ihm, so die Hoffnung, werde die Union zu ihrem gewohnten Kurs der Vor-Merkel-Ära zurückkehren. Doch bislang hat sich wenig geändert
Klaus Kelle

Ein Friedrich Merz, der als CDU-Parteivorsitzender für die Einführung einer Frauenquote streitet und der eine Veranstaltung absagt, weil da auch der bekannte Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel spricht, dessen (unter anderem auch rechte) Mandanten dem Sauerländer nicht gefallen – das verärgert viele der treuesten CDU-Anhänger, die sich von ihrem Bundesvorsitzenden ein klares Profil wünschen, aber keine „Cancel Culture“, die Merz sonst selbst wortreich beklagt.

Die Wahl von Friedrich Merz im dritten Anlauf zum Bundesvorsitzenden der CDU war für viele Treuesten der Treuen der einst dominierenden Volkspartei der Mitte so ähnlich, als sei der Messias auf die Erde zurückgekehrt. Kaum ein anderer Politiker in Deutschland ist zum Start in ein neues Amt jemals mit so vielen Hoffnungen und Wünschen begleitet worden wie der Sauerländer, ein Wirtschaftsexperte, finanziell unabhängig und ein brillanter Debattenredner. Vorbei die Ära Merkel als Parteivorsitzende, vorbei ihre Zeit im Kanzleramt, kein „Girl’s Camp“ mehr, das erst die Partei und dann unser Land auf vielen Politikfeldern radikal veränderte. Zweimal vom Establishment der Union schmählich blockiert, war nach der katastrophalsten Wahlniederlage der Union seit 1949 bei der Bundestagswahl 2021 die Verzweiflung so groß, dass nur noch „Super-Fritz“ als Retter in Frage kam. An diesen hohen Erwartungen wird er nun von seinen Anhängern gemessen.

Im Sog des Zeitgeistes 

Doch  alle Träumer beginnen in diesen Tagen, aufzuwachen. Denn weder sind die CDU noch ihre bayerische Schwester CSU die Parteien, die sie vor Merkel waren, noch ist dieses Land wieder das Deutschland, das es zuvor gewesen ist – in dem man damals im Gegensatz zu heute tatsächlich „noch gut und gerne lebte“.

Deutschland ist heute ein Land, das stark von einer linksgrünen Hegemonie geprägt wird, im kulturellen Bereich, bei den meinungsbildenden Mainstream-Medien, in Gesellschaft und Politik. Die Preußische Allgemeine Zeitung hat erst vor Kurzem über die Dominanz dieser Leitkultur berichtet. Obwohl sie nie den Regierungschef im Bund stellten, immer wieder bei Wahlen auch gescheitert sind, im Bund „kein einziges Mal auch nur 15 Prozent erreichten“, bestimmten sie „den deutschen Zeitgeist wie keine zweite politische Kraft“ – begleitet von Strukturen, die die grüne Agenda unterstützen, sowie über das Abgreifen üppiger staatlicher Gelder, um die eigenen Kampagnen zu finanzieren. 

Wer arbeitet denn daran, Deutschland zu verändern? Das ist doch nicht nur eine Partei. Das sind Tausende Gleichstellungsbeauftragte, die sich mit dem unwissenschaftlichen Gender-Quatsch beschäftigen, das sind all die „Klima-Aktivisten“ und die wackeren Streiter „gegen Rechts“. Allein den „Kampf gegen Rechts“ (und alles, was man dazu erklärt) lässt sich die Bundesregierung jedes Jahr über 100 Millionen Euro kosten. Und wer verfügt dann über diese Mittel? Werden die an die Junge Union überwiesen?

Schlagseite nach links 

Nichts gegen den Kampf gegen tatsächliche Rechtsextremisten, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zerstören wollen – natürlich muss sich ein Staat dagegen wehren. Aber was ist dann mit dem Kampf gegen die linken Feinde unseres politischen Systems oder Allahs Jünger, die in irgendwelchen Kellern Sprengsätze basteln? Sollte unser Staat da nicht auch mehr tun? Oder die über 500 bekannten islamischen „Gefährder“ – tickende menschliche Zeitbomben – endlich abschieben? 

Eine Umfrage unter Volontären der ARD und des Deutschlandradios – die wir wie den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk alle mit Zwangsgebühren bezahlen müssen – ergab vor zwei Jahren, dass 57 Prozent der Auszubildenden dort die Grünen wählen, 23 Prozent die Linkspartei, während es die CDU nicht einmal über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen würde. Bei den älteren Kollegen sehen die Zahlen kaum anders aus. 

In diesen – verkürzt wiedergegebenen – Daten dokumentiert sich, was die Bürger dieses Landes jeden Tag im Staatsfernsehen und den 80 öffentlich-rechtlichen Radioprogrammen ertragen müssen. Nicht die Sorgen des kleinen Mannes, der Familien, die zum Monatsende nichts mehr auf dem Konto haben, oder der Bundeswehrsoldaten, die mit mangelhafter Ausrüstung in gefährliche Einsätze geschickt werden, sind da die beherrschenden Themen. Stattdessen werden winzige Minderheitenbefindlichkeiten wie Transgender zu einem wichtigen Problem aufgeblasen, wird die Klima-Religion zelebriert und – natürlich – der Kampf gegen die AfD betrieben, wobei man deren sechs Millionen Wähler als Gebührenzahler gern mitnimmt.

Lenin sagte einst: „Die Kapitalisten werden uns die Stricke liefern, an denen wir sie dann aufhängen.“ Ein Zitat, an das ich in dieser Zeit oftmals denken muss.

Das Erbe der Ära Merkel 

Die Ära der CDU-Vorsitzenden und Kanzlerin aus der Uckermark hat breite Schneisen in unsere Gesellschaft geschlagen. Deutsche Tugenden wie Fleiß, Ordnungsliebe, Anstand, Pünktlichkeit spielen im „woken“ Deutschland keine wichtige Rolle mehr. Sie gelten schon lange als Sekundärtugenden, mit denen man – frei nach Lafontaine – auch ein KZ betreiben könne. Auch wenn der einstige SPD-Vorsitzende sich inzwischen selbst ganz anders äußert, beschreibt diese Aussage noch immer recht gut die Verachtung vieler Linker und Grüner für die Grundlagen des einstigen deutschen Erfolgsmodells. 

Die Union war über Jahrzehnte das Bollwerk gegen den politischen Irrsinn, ihre Bundeskanzler Konrad Adenauer und Helmut Kohl prägten dieses Land wie niemand sonst, auf der anderen Seite des politischen Spektrums natürlich auch Willy Brandt von der SPD mit seiner „neuen Ostpolitik“. Doch in der Ära Merkel wurde alles auf den Kopf gestellt, und niemand weiß, ob die Schäden für unser Land jemals wieder zu reparieren sind. Wenig deutet darauf hin, dass es Hoffnung für eine echte Wende gibt.

Im Frühjahr 2004 fand im Düsseldorfer Landtag eine Pressekonferenz mit dem CDU-Landesvorsitzenden Jürgen Rüttgers und Professor Paul Nolte statt. Vorgestellt wurde ein Konzept für eine neue moderne CDU, die den vermeintlichen Ballast der (erfolgreichen) Vergangenheit abschütteln solle. In einer Zeit sich auflösender Bindungen an gesellschaftliche Milieus, die alle Parteien träfen, müsse sich die Volkspartei der Mitte neu orientieren – neue Themen, neue Köpfe und eine deutliche Ausrichtung an den Vorstellungen und Wünschen „urbaner Milieus“. 

Ich war damals bei jener Pressekonferenz dabei und fragte, wie die CDU mit der neuen Strategie denn sicherstellen wolle, dass die Familien mit traditioneller Rollenaufteilung zu Hause, dass Polizisten und Soldaten, dass die Bauern auf ihren Dörfern in der Provinz, die selbständigen Handwerker mit zwei Angestellten sowie die über zwei Millionen Menschen, die auch in Deutschland noch jeden Sonntag einen christlichen Gottesdienst besuchen, den Schwenk um 180 Grad mitvollziehen? Die Antwort: All diese Menschen hätten ja nichts anderes, was sie wählen könnten, da sie sicher nicht zu SPD, Linken und Grünen abwandern würden. Was für eine dramatische Fehleinschätzung …

Ein anderes Land, eine andere Partei

Friedrich Merz steht heute vor einer Herkulesaufgabe, an der er nur scheitern kann. Weil die CDU heute nicht mehr die Partei seiner und meiner Jugend ist, als wir mit schwarz-rot-goldenen Schals auf Marktplätzen und in großen Hallen dem Kanzler der Einheit, Helmut Kohl, zujubelten. Heute werden Wahlen gewonnen von Daniel Günther in Schleswig-Holstein, der mit dem Linkspartei-Politiker Bodo Ramelow über das Überwinden von Grenzen zwischen CDU und Sozialisten plaudert und im innerparteilichen Krieg gegen Merz einer der schlimmsten Scharfmacher war. Oder jüngst von Hendrik Wüst, der zwar jung und ein unverbrauchtes Gesicht ist, aber ungeniert ins Koalitions-Bett mit den Grünen steigt, so wie Daniel Günther im Norden auch.

Gleichwohl ist Friedrich Merz die einzige Hoffnung für ein Überleben der CDU als Volkspartei. Eine politische Kraft, die ihre in aktuellen Umfragen für die gesamte Union inklusive bayerischer CSU ermittelten 26,5 Prozent Zustimmung bereits als großen Erfolg feiert. Und dies in jener Partei, die einst bei Wahlen immer eine „4“ vorne hatte, manchmal sogar eine „5“. Bevor sie begann, sich den urbanen Milieus zu öffnen. 

Die Teilnehmer beim Christopher Street Day freuen sich ganz sicher über die „nützlichen CDU-Idioten“, die als Ministerpräsidenten oder Oberbürgermeister vorneweg mit der Regenbogen-Fahne tanzen. Aber sie wählen deshalb nicht die CDU, sondern weiter das links-grüne Original. Viele frühere Stammwähler wenden sich dagegen mit Grausen ab und wünschen sich, die CDU-Vorturner mal wieder am Sonntag neben sich in der Kirchenbank oder im Festzelt beim Schützenfest oder denen von der Freiwilligen Feuerwehr zu sehen.

Wie weiter?

Hoffnung gibt es immer, heißt es. Und „verloren ist nur die Sache, die man aufgibt“, wie es der große Dichter der Aufklärung Gotthold Lessing formulierte. Aber die Chancen, dass Friedrich Merz das Ruder herumreißen und die Union wieder an die 40 Prozent heranführen kann, sind marginal. Natürlich kommen CDU-Wähler zurück, die in der Merkel-Zeit vorübergehend bei der FDP geparkt hatten. Merz als smarter Wirtschaftsmann kommt in diesen Kreisen gut an. Bezeichnend gerade sein Auftritt bei der Hochzeit Christian Lindners auf Sylt – im Privatflugzeug angereist, blauer Maßanzug und mit James-Bond-Sonnenbrille. Ja, da freut sich der Wirtschaftsliberale. Aber die aktuell etwa zwölf Prozent AfD-Wähler, von denen in Westdeutschland die allermeisten früher die Union gewählt haben, von denen kommt niemand für Friedrich Merz zurück. Auch mehr als 40 Prozent Nichtwähler zuletzt sprechen Bände, wie verzweifelt große Teile der Bevölkerung über die politischen Auswahlmöglichkeiten in Deutschland heute sind.

Die CDU wieder zu verändern, das müsste Merz überhaupt erst einmal wollen. Und dann wäre es harte Arbeit statt des zu beobachtenden Hoffens auf das Versagen der Ampel, das natürlich kommen wird. Und dann müsste er die Partei unter Kontrolle bekommen, all die „Spin Doctors“ der Merkel-Ära mit Drei-Tage-Bart und Maßanzug, die mittags bei Luigi in Berlin Barolo trinken und Unsinn über die Modernisierung der Union fabulieren. Sie alle müssten raus. Das Konrad-Adenauer-Haus müsste zu einem effektiven Apparat für den politischen Kampf werden und die Konrad-Adenauer-Stiftung zu einem wichtigen „Think Tank“, der Innovationen versprüht und Ideen entwickelt für die Zukunft von Land und Partei. So wie es einmal war in der guten, alten Zeit.

Und dann müssten die Kernkompetenzen der Partei zurück in den Mittelpunkt. Innere und äußere Sicherheit. Mittelstand sowie die Förderung von Familien mit Kindern! Ein gestandener Parteifreund wie Hans-Georg Maaßen, der frühere Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, sollte als Top-Experte für die Innere Sicherheit zum Gespräch gebeten werden. Und kluge Wirtschaftspolitiker wie etwa der Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke könnten zum Gespräch eingeladen werden.  Doch haben Sie den Eindruck, dass die Union diesen Weg beschreitet?

Zuletzt hat Friedrich Merz darüber sinniert, ob seine Partei nicht eine Frauenquote einführen sollte. Für die verloren gegangenen Stammwähler ist dies das falsche Signal.