25.04.2024

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Folge 32-22 vom 12. August 2022 / Energie-Krise / Bangen vor dem Heizlüfter-Schock / Bei einem Gas-Ausfall könnten die Stromfresser das System zusammenbrechen lassen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-22 vom 12. August 2022

Energie-Krise
Bangen vor dem Heizlüfter-Schock
Bei einem Gas-Ausfall könnten die Stromfresser das System zusammenbrechen lassen
Hermann Müller

Eine Analyse der Bundesnetzagentur deutet auf ein ganz erhebliches Risiko hin, dass sich die Lage bei der Gasversorgung Deutschlands möglicherweise schon Mitte Dezember zuspitzen wird. Doch statt die Bevölkerung über den Ernst der Lage aufzuklären, versuchen sich einige Spitzenpolitiker noch immer in Symbolmaßnahmen oder im Verharmlosen.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärte beispielsweise unlängst noch, Deutschland habe ein Gasproblem, aber kein Stromproblem. Auch die Grünen-Chefin Ricarda Lang versichert: „Wir haben ein Wärmeproblem, kein Stromproblem.“

Unklar ist, ob hinter solchen Aussagen Kalkül mit Blick auf die wiederaufgeflammte Atomkraftdiskussion steckt oder die Angst, die Wahrheit über die Folgen von Energiewende und Sanktionspolitik könnte der breiten Masse nur häppchenweise nahegebracht werden. Tatsächlich besteht schon in „normalen“ Wintern das Risiko einer sogenannten Dunkelflaute, bei der Wind und Sonne nichts zur Stromerzeugung beitragen. Gleichzeitig steigt aber der Stromverbrauch im Januar und Februar üblicherweise an. 

Berlin für weitere Sparmaßnahmen

In der bevorstehenden Heizsaison könnte diese zusätzliche Stromnachfrage schockartig auftreten, wenn Menschen versuchen, Gasmangel durch Heizen mit Strom auszugleichen. Laut dem Marktforschungsunternehmen GfK sind allein im ersten Halbjahr rund 600.000 Heizlüfter verkauft worden sind. Solche Geräte sind mit Leistungsaufnahmen von bis zu 2000 Watt echte Stromfresser. Sollten die Elektroheizungen im Winter massenweise eingeschaltet werden, kann dies die betroffenen Netzbereiche so weit überlasten, dass es zu Stromausfällen kommt. Dem „Focus“ sagte Martin Kleimaier vom Elektrotechnik-Verband VDE zum Absatzboom bei Elektroheizungen: „Wir sehen die aktuelle Entwicklung mit einiger Sorge, da unsere Stromversorgung für eine derartige gleichzeitige Zusatzbelastung nicht ausgelegt ist.“

Bundesweit prüfen Kommunen inzwischen längst, wie sie in den kommenden Monaten Strom sparen können. Der Berliner Senat hat beschlossen, Wahrzeichen wie die Siegessäule oder den Berliner Dom nicht mehr anzustrahlen. Mitte August will Berlins Landesregierung weitere Sparmaßnahmen beschließen. Gerade beim Verbrauch von Gas ist dieser Schritt dringend nötig. Berlin ist besonders stark von Gas abhängig, weil der größte Teil der elektrischen Energie und der Fernwärme mit Erdgas erzeugt wird.

In Sachsen-Anhalt plant Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) für Mitte August einen „Energie-Gipfel“, auf dem über Lösungen für die Energiekrise gesprochen werden soll. In dem mitteldeutschen Bundesland wird insbesondere bei Städten und Gemeinden der Ruf nach einem finanziellen Schutzschirm für die Absicherung der kommunalen Versorgungssicherheit immer lauter. Hintergrund ist die Sorge, dass Energie- und Wohnungsunternehmen durch Mietrückstände oder den Ausfall von Betriebskostenzahlungen in finanzielle Notlagen rutschen und sogar Liquiditätsprobleme bekommen.

In Brandenburgs Landeshauptstadt hat der regionale Energieversorger EWP bereits ganz konkret die Auswirkungen eines Gasmangels untersucht. Generell werden sich die Kunden in Potsdam auch ohne eine Gasmangellage auf steigende Preise einstellen müssen. Sollte die Versorgung nicht mehr funktionieren, reicht der Gasvorrat des Potsdamer Versorgers lediglich eine Woche. Das Fernheizsystem der Landeshauptstadt könnte notfalls auch mit Heizöl betrieben werden. Voraussetzung: „Wir müssten irgendwo gigantische Mengen Öl herholen“, so ein Vertreter des Unternehmens. Eine Infrastruktur für solche Öllieferungen ist allerdings gar nicht vorhanden.

Szenarien sehen düster aus

Die Bundesnetzagentur hat aufgrund von Modellrechnungen bereits im Juni in einem „Gas-Mengengerüst“ Szenarien für die Gasversorgung Deutschlands durchgeführt. In einem Fall war die Grundannahme, über die Ostseepipeline Nord Stream 1 kämen ganzjährig nur noch 40 Prozent der bisher üblichen Liefermengen. In einer zweiten Variante wurde angenommen, dass die Menge nach Ende der Wartungsarbeiten auf null fällt. Daraus leitet die Bundesnetzagentur vier Szenarien ab. Bei lediglich einer vermerkten die Studienautoren als Ergebnis: „Speicherstandsfüllziel annähernd erreicht“.

Als Bedingung dafür nennt die Agentur, dass bereits ab Januar 2023 zusätzliche Flüssiggasimporte in Gang kommen. Zudem wurde von einer „Reduktion der Exporte“ ausgegangen. Gemeint ist damit der Weiterverkauf von Gas aus deutschen Speichern. Bei den drei anderen Szenarien ging die Bundesnetzagentur trotz einer deutlichen „Verbrauchsreduktion in DE ab 01.07“ von einem Gasmangel ab Anfang Februar, Mitte Januar und im ungünstigsten Fall bereits Mitte Dezember aus. Als entscheidend bezeichnete die Bundesagentur die „inländische Verbrauchsreduktion zur Sicherstellung der eigenen Versorgungssicherheit“ sowie ausdrücklich auch „zur notwendigen Versorgung der Nachbarländer“.