28.03.2024

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Folge 32-22 vom 12. August 2022 / Memel / Eine Sommerreise ins Baltikum / In diesem Jahr fielen das Meeresfest und der 770. Geburtstag der Stadt zusammen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-22 vom 12. August 2022

Memel
Eine Sommerreise ins Baltikum
In diesem Jahr fielen das Meeresfest und der 770. Geburtstag der Stadt zusammen
Ulf Püstow

Vom 24. bis zum 31. Juli bin ich mit meiner Familie im Memelland gewesen. Es war meine erste Reise ins Baltikum und ich war sehr gespannt. 

Quartier haben wir im Simon-Dach-Haus genommen, dem Haus der Deutschen im Memelland, auch, um mit den Menschen vor Ort besser ins Gespräch kommen zu können. Arnold Piklaps und Rasa Muiller vom Vorstand des Vereins der Deutschen im Memelland haben uns sehr herzlich aufgenommen und bei unseren Aktivitäten sehr gut unterstützt. Überhaupt hatte ich den Eindruck, dass das Simon-Dach-Haus in Memel eine ausgezeichnete Arbeit macht.

Der erste Weg führte uns durch die Stadt Memel, doch schon am zweiten Tag zog es uns auf die Kurische Nehrung, von der ich so viel gehört hatte. Thomas Mann bezeichnete die Kurische Nehrung einst als „Sahara des Nordens“ und von Wilhelm von Humboldt ist überliefert, dass er nach seinem Besuch von Nidden so erfüllt war, dass er erklärte, „die Kurische Nehrung ist so merkwürdig, dass man sie eigentlich ebenso gut als Spanien und Italien gesehen haben muss, wenn einem nicht ein wunderbares Bild in der Seele fehlen sollte.“

Ausflug auf die Kurische Nehrung

Nidden ist heute ein gut vermarkteter Badeort mit vielen kleinen und größeren Holzhäusern, bunt bemalt und mit schönen Gärten. Gleichwohl lässt sich erahnen, was Thomas Mann und Wilhelm von Humboldt meinten, wenn man in Nidden ist beziehungsweise auf der Sanddüne bei Nidden steht. 

Das jährliche Meeresfest, das immer am letzten Juliwochenende in Memel gefeiert wird, fiel in diesem Jahr mit dem 770. Geburtstag der Stadt zusammen. Memel, oder Klaipeda, wie die Stadt heute heißt, hatte sich vorbereitet und für das Fest herausgeputzt. In der gesamten Altstadt sowie einem Teil des Hafens waren Stände, Bühnen und Attraktionen aufgebaut. Der Deutsche Verein lud seine Mitglieder sowie Interessierte ins Simon-Dach-Haus ein, wo ein Zelt aufgebaut war. Für mich eine gute Gelegenheit, mit den Mitgliedern des Deutschen Vereins ins Gespräch zu kommen, mich mit ihnen auszutauschen, mir ihre Geschichte sowie ihre Sorgen anzuhören. So bekam ich einen tieferen Einblick in das Vereinsleben der Memelländer.

Feiern mit dem Deutschen Verein

Am Freitag startete der Verein um 18 Uhr in das Meeresfest mit der Teilnahme am Umzug durch die Stadt, und ich durfte mit meiner Familie daran teilnehmen. Was für eine Ehre! Die Menschen am Straßenrand jubelten und winkten den einzelnen Gruppen zu, auch der Festumzugsgruppe der Memelländer, ohne Vorbehalte, wie ich meine. Die jungen Memelländer sangen absolut textsicher deutsche Volkslieder, Kinderlieder und modernes Liedgut, was mich sehr beeindruckte. So etwas kenne ich aus Treuburg, wo ich selbst auch Kreisvertreter bin, leider nicht.

Am Sonnabend nahm ich mit meiner Familie sowie einigen Mitgliedern aus dem Verein der Memelländer an einer Gedenkfahrt zu Ehren auf See gebliebener Seeleute und Marineangehöriger teil. Hans-Jürgen Müller, der Vorsitzende der Berliner Memellandgruppe, hatte uns eingeladen, an der Zeremonie teilzunehmen. Hierbei fährt ein Schiffskonvoi, geführt von einem Schiff der litauischen Marine, vom Hafen aus hinaus auf die Ostsee. Am Zielort angekommen überflog uns ein Hubschrauber und gleichzeitig gaben alle Schiffe ein akustisches Signal. 

Gedenken an die Verstorbenen

In diesem Moment warfen wir im Gedenken an die Menschen, die auf See ihr Leben verloren hatten, Blumen ins Meer. Als Familienforscher und Mitglied im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge dachte ich nicht nur an die Seeleute und Marineangehörigen, sondern auch an die Angehörigen aus meiner Familie, die durch Krieg, Flucht und Vertreibung ihr Leben verloren haben.

Mannheim, die Patenstadt von Memel, hatte mit Merlin Kull einen Repräsentanten geschickt, der am Meeresfest teilnahm. Ich hatte Gelegenheit, mit ihm im Simon-Dach-Haus zu sprechen und ihm die Aufgaben und Ziele der Landsmannschaft Ostpreußen zu skizzieren. 

Zum Abschluss unserer Reise ins Memelland besuchten wir den Gottesdienst der evangelisch-lutherischen St. Johannis Gemeinde in Memel. Die Gottesdienste finden seit der Zerstörung des Gotteshauses im Zweiten Weltkrieg in einem umgebauten Wohnhaus in der Turgaus gatve 24 statt, unweit der freigelegten Fundamente der Kirche. Ohne eine konkrete Erwartung zu haben, sind wir aufs Äußerste überrascht worden von der Qualität des Orgelspiels sowie dem wohlklingenden Gesang der Gemeinde.

Neben der hiesigen Kirchengemeinde war zudem Pfarrer Falk Klemm aus Ehrenfriedersdorf im Erzgebirge anwesend, der von der EKD entsandt wurde, im August in Memel Gottesdienste in deutscher Sprache zu halten. Pfarrer Klemm war im letzten Jahr in gleicher Aufgabe in Lötzen in Masuren und im Jahr davor in Nidden auf der Kurischen Nehrung. Als Geschenk hatte er Liederbücher und zwei dringend benötigte Orgelbegleitbücher der EKD mitgebracht. Pfarrer Reinholdas Moras begrüßte Pfarrer Klemm, Hans-Jürgen Müller sowie mich, als Vertreter des Bundesvorstandes der Landsmannschaft Ostpreußen, aufs Herzlichste und gab uns Gelegenheit zu einem Grußwort an die Kirchengemeinde.

Gottesdienst in der St. Johannis Gemeinde

Nach dem Gottesdienst waren wir zum Kirchenkaffee mit der Gemeinde eingeladen. Von Pfarrer Moras erfuhren wir, dass er auf Grund seiner deutschen Wurzeln selbst Mitglied im Verein der Memelländer ist, bereits sein 40. Ordinationsjubiläum feiern konnte, seit 1993 Pfarrer in der Gemeinde in Memel ist und in diesem Amt seinem Vater nachfolgte, der zuvor in der Gemeinde als Pfarrer wirkte. Mit einem Schmunzeln im Gesicht erzählte er dann noch, dass er eigentlich gar nicht Pfarrer werden wollte und wie es dann doch dazu gekommen ist. Was für ein Abschluss für diese eine Woche in Memel und Umgebung voller Eindrücke, Erfahrungen und geistigen Geschenken! 

Ich weiß noch nicht wann ich wiederkommen werde, aber dass ich wiederkommen werde, weiß ist sicher.