19.04.2024

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Folge 33-22 vom 19. August 2022 / Haushalt / Der Streit um Lindners „Entlastung“ lässt tief blicken / Der FDP-Finanzminister will nur einen kleinen Teil der Inflation steuerlich ausgleichen. Doch Rot und Grün geht selbst das schon zu weit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-22 vom 19. August 2022

Haushalt
Der Streit um Lindners „Entlastung“ lässt tief blicken
Der FDP-Finanzminister will nur einen kleinen Teil der Inflation steuerlich ausgleichen. Doch Rot und Grün geht selbst das schon zu weit
Hans Heckel

In der Ampel-Koalition tobt angeblich ein offener Streit um das „Entlastungspaket“ von Bundesfinanzminister Christian Lindner. Dabei ist schon das Etikett „Entlastung“ grob irreführend. Denn eine solche hat der FDP-Chef gar nicht vor. So plant er, den Steuerfreibetrag von rund 10.350 auf etwa 10.630 Euro anzuheben. Das wären rund drei Prozent. Und die Einkommensgrenze, ab welcher der Spitzensteuersatz fällig ist, soll von knapp 58.600 Euro Jahreseinkommen auf 62.000 Euro steigen. Das wären fünfeinhalb Prozent.

Die angebliche Entlastung wird als Ausgleich für die rapide Inflation angepriesen. Doch die Teuerungsrate bewegt sich offiziell zwischen sieben und acht Prozent. Dabei kalkuliert das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), dass befristete Maßnahmen wie Tank-Rabatt und Neun-Euro-Ticket die Rate künstlich senken und diese in Kürze auf mehr als zehn Prozent hochschnellen dürfte. Damit läge sie weit höher als die von Lindner propagierte „Entlastung“. 

Sollten die Bruttogehälter also auf dem Niveau der Inflation angepasst werden, schnellen die Steuern trotz Lindner-Plan in die Höhe – nur etwas weniger, als wenn die Politik gar nicht reagierte. Dabei hat das IfW die kommende Gasumlage als weiteren Inflationstreiber noch gar nicht berücksichtigt. Und auch hinsichtlich des Strompreises türmen sich die apokalyptischen Prognosen immer höher.

Aber selbst gegen Lindners bestenfalls als Teilentlastung zu bezeichnendes Vorhaben laufen SPD und Grüne Sturm. Linkspartei-Chef Martin Schirdewan wittert indes faulen Zauber: Das sei „das bekannte Ampel-Spiel“. Lindner werde „mal fordern, was die eigene Klientel hören will, ohne dass das praktische Folgen hätte“. Für Schirdewan ist der Finanzminister mit seinen Plänen also bereits an den Koalitionspartnern gescheitert.

Da ist Auswandern eine Option

Die Parteien des linken bis ganz linken Lagers liebäugeln vielmehr mit direkten staatlichen Zahlungen an „besonders Bedürftige“, weil Steuerentlastungen einen Zug von Leistungsgerechtigkeit bedeuten könnten, die der Gleichmacherei zuwiderliefe. Im Sozialismus soll eben der Staat bestimmen, wer wie viel „verdient“.

Zielführend wäre eine Inflations-indexierte Steuergestaltung. Damit würden Freibeträge und die Grenzen der Steuersätze automatisch mit der Teuerung ansteigen, wenngleich zeitversetzt. Zwar hat die Festsetzung der amtlichen Inflationsrate ihre eigenen methodischen Besonderheiten, welche die Aussagekraft der offiziellen Zahlen schmälern.

Wenigstens aber wäre der „Kalten Progression“ ein Großteil ihres Schreckens genommen. Im bisherigen System profitiert der Fiskus auf unanständige Weise von der Geldentwertung, welche Millionen Bürger gerade heute ohnehin in Bedrängnis, wenn nicht gar in existenzielle Nöte stürzt. Nicht umsonst bezeichnen Fachleute die Inflation als hinterhältigste Form der Besteuerung, da neben den höheren Einkommen- und Konsumsteuern auch noch das Vermögen der sparsamen Bürger zugunsten des dauerverschuldeten Staates entwertet wird.

Dabei übersieht das linke Lager in seiner Ideologie-verstrahlten Halsstarrigkeit noch einen weiteren Faktor: Trotz lauer Konjunktur stöhnt die deutsche Wirtschaft unter Fachkräftemangel. Doch gerade die Fachkräfte sind es, die jene Steuersätze schultern müssen, welche Deutschland zusammen mit dem kleinen Belgien an die Weltspitze als Land mit den höchsten Steuern und Abgaben katapultiert hat. Welcher Hochqualifizierte sollte sich dieses Deutschland antun? Da ist Auswandern eine Option – oder gar nicht erst einwandern.

Gleichzeitig stellt Deutschland ein ebenfalls weltweit hervorstechendes Sozialnetz bereit, das insbesondere für niedrigqualifizierte Einwanderer reizvoll ist. Dabei sagt die Faustformel: Ist ein Einwanderer besser qualifiziert als der Schnitt der Einheimischen, macht er das Land reicher. Ist er schlechter ausgebildet, macht er es ärmer.