19.04.2024

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Folge 33-22 vom 19. August 2022 / Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk / Zieht die Karawane weiter? Manche bemühen sich drum / Die Frage ist, ob es gelingen wird, die Spitze eines Eisbergs systemischen Versagens als Problem „einiger weniger“ schwarzer Schafe zu marginalisieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-22 vom 19. August 2022

Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
Zieht die Karawane weiter? Manche bemühen sich drum
Die Frage ist, ob es gelingen wird, die Spitze eines Eisbergs systemischen Versagens als Problem „einiger weniger“ schwarzer Schafe zu marginalisieren
Norman Hanert

Auch nach der Abberufung von Patricia Schlesinger als Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb) kommt der öffentlich-rechtliche Sender nicht zur Ruhe, gerät vielmehr immer tiefer in die Krise. Mittlerweile wurde auch die Leiterin der Hauptabteilung Intendanz, Verena Formen-Mohr, mit sofortiger Wirkung freigestellt.

Erklärtermaßen will die Landesrundfunkanstalt selbst bei der Aufklärung der Vorwürfe um Interessenskonflikte, Veruntreuung, Vorteilsannahme und Verschwendung von Rundfunkgebühren in die Offensive gehen. Sein Chefredakteur David Biesinger hat ein Rechercheteam beauftragt, den zahlreichen Vorwürfen gegen Schlesinger nachzugehen. Biesinger äußerte sein Bedauern, dass die Vorgänge im rbb auch andere ARD-Anstalten belasten. Es habe keine Vorwürfe gegen das Programm gegeben, sondern der Umgang mit Geld durch einige Wenige habe das Haus in die Kritik und in Verruf gebracht, so der rbb-Chefredakteur.

Der Skandal weitet sich aus

Es scheint fraglich, dass es der Führungsebene von rbb und ARD noch gelingt, die Kritik auf „einige Wenige“ zu begrenzen und eine große Diskussion um einen Reformbedarf bei den Öffentlich-Rechtlichen zu vermeiden. Mittlerweile sieht sich nämlich auch der Bayerische Rundfunk dem Vorwurf ausgesetzt, Geld der Gebührenzahler für Führungskräfte zu verschwenden. Beim BR sollen laut Medienberichten der Technik-Chefin Birgit Spanner-Ulmer gleich zwei Dienstwagen und zwei Chauffeure zur Verfügung stehen.

Der rbb-Skandal kommt für die Öffentlich-Rechtlichen zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Die Ministerpräsidenten der Länder wollen nämlich in diesem Herbst einen neuen Medienstaatsvertrag unterzeichnen. Bislang spielen die aktuellen Rufe nach mehr Kontrolle und Sparsamkeit bei den Öffentlich-Rechtlichen im Entwurf für den neuen Vertrag noch keine Rolle. Kernpunkt des Staatsvertrages ist stattdessen, den Sendern über digitale Verbreitungswege noch mehr Betätigungsfelder zu öffnen. Dies stößt privatwirtschaftlich arbeitenden Zeitungsverlagen und Sendern auf, die damit im Digitalbereich noch mehr Konkurrenz durch das gebührenfinanzierte Mediensystem bekommen. Mit den Digitalplänen müssen sich aber auch die Gebührenzahler langfristig auf weitere Belastungen einstellen. 

Allerdings regt sich schon bislang Widerstand gegen den Geldhunger der Öffentlich-Rechtlichen. In einem spektakulären Schritt hatte Ende 2020 Sachsen-Anhalt seine Zustimmung zu einer Erhöhung des Rundfunkbeitrages verweigert und damit einen Gebührenanstieg in ganz Deutschland aufgehalten. Allerdings hatte das Bundesverfassungsgericht im August 2021 die Anhebung des Rundfunkbeitrags einfach selbst angeordnet. Sachsen-Anhalts Veto war damit aufgehoben.

Bundesländer können aussteigen

Vereinzelt wiesen Kommentatoren nach dem Urteil auf eine Möglichkeit hin, wie das mitteldeutsche Bundesland zumindest für seine eigene Bevölkerung Gebührenerhöhungen verhindern könnte. Die Staatsverträge von ARD, ZDF und Deutschlandfunk sehen ein Kündigungsrecht der Bundesländer vor. Sollten die Bemühungen zur Reform des derzeit existierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems scheitern, könnte die Kündigung der Staatsverträge für einzelne Bundesländer den Weg zu einer besonders tiefgreifenden Erneuerung des Mediensystems frei machen. Entstehen könnten verschiedenste Modelle von Sendern, die sich auf eine Grundversorgung und eine regionale Berichterstattung spezialisieren. Finanzieren ließe sich dies entweder über Gebühren, Nutzerabos oder den Landeshaushalt.

Ein solcher Reformansatz könnte schneller auf der Tagesordnung stehen, als dies mutmaßlich vielen Senderintendanten und Politikern lieb ist. Bereits 2016 hatte Daniel Föst, der damalige Generalsekretär der bayerischen FDP, gegenüber dem Branchendienst „Meedia“ gesagt, parteiintern werde über die Möglichkeit eines Volksbegehrens zur Kündigung des Rundfunkstaatsvertrags durch den Freistaat Bayern diskutiert. Der Liberale sagte, der Staatsvertrag zwinge den Menschen in Deutschland „einen völlig aufgeblähten, überdimensionierten, kartellähnlichen, ineffizienten und qualitativ schlechten Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk auf, der kaum reformierbar ist“. Für den Freidemokraten wäre der Austritt aus der ARD eine Möglichkeit, die Gebühren um die Hälfte abzusenken und gleichzeitig die Programmqualität wieder zu verbessern. 

Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch dies: Zum einen ist Föst seit 2017 nicht mehr Generalsekretär, also Wadenbeißer, der Liberalen im Freistaat Bayern, sondern im Deutschen Bundestag im fernen Berlin bau- und wohnungspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Und zum anderen war weiland 2016 Fösts Partei nicht im bayerischen Landtag vertreten, und die Bänke der außerparlamentarischen Opposition sind hart. Seit 2018 gehört die FDP jedoch wieder zum erlauchten und privilegierten Kreis der im Landesparlament sitzenden Parteien.