20.04.2024

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Folge 33-22 vom 19. August 2022 / Demokratie / Richter tagen endlich zur Pannen-Wahl / Ein Jahr danach verhandelt Berliner Verfassungsgericht die Ungereimtheiten beim Urnengang von 2021

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-22 vom 19. August 2022

Demokratie
Richter tagen endlich zur Pannen-Wahl
Ein Jahr danach verhandelt Berliner Verfassungsgericht die Ungereimtheiten beim Urnengang von 2021
Frank Bücker

Der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin verhandelt am 28. September über die Rechtmäßigkeit der jüngsten Berliner Abgeordnetenhauswahl. Die Gültigkeit der Bundestagswahl im Land Berlin wird an einem anderen Tag behandelt. Bei beiden Urnengängen war es zu Aufsehen erregenden Unregelmäßigkeiten gekommen, wie sie die Republik noch nicht gesehen hatte. 

Der Verhandlungstag findet damit erst ein ganzes Jahr nach den Wahlen vom 26. September 2021 statt. Da das öffentliche Interesse sehr groß ist, tagen die Richter in einem Hörsaal der Freien Universität in Berlin-Zehlendorf. In dem Saal ist Platz für 570 Menschen. Kritiker monieren, dass die Richter von den politischen Parteien „ausgesucht“ worden seien. Sie fürchten ein Gefälligkeitsurteil. Insbesondere SPD, Grüne und Linkspartei dürften wenig oder gar kein Interesse daran haben, die Wahlen zu annullieren, weil zum Mandatsverlust noch der Verlust der Senatorenposten drohen könnte, falls die rot-grün-rote Rathauskoalition im Falle einer Wahlwiederholung die Mehrheit einbüßen sollte. 

Dass sich das Gericht ein ganzes Jahr Zeit zur Prüfung der Angelegenheit gelassen hat, beflügelt Bedenken hinsichtlich dessen Unparteilichkeit. Auch eine Äußerung der stellvertretenden Berliner Landeswahlleiterin Ulrike Rockmann hat wenig zur Vertrauensbildung beigetragen. Sie forderte, den Einspruch des Bundeswahlleiters in Gänze zurückzuweisen: „Sie hätten wählen können, wenn sie gewartet hätten.“ Keinem sei das Wahlrecht genommen worden, sagte im Hinblick auf Wahlwillige, die nach  sehr langer Wartezeit unverrichteter Dinge wieder nach Hause gegangen waren, weil die Schlange vor dem Wahllokal einfach nicht kürzer werden wollte. 

Koalition fürchtet um Mehrheit

Der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages ist hingegen wohl um Schadensbegrenzung bemüht. Er fordert eine Neuwahl in rund 400 von 2300 Wahlbezirken der Hauptstadt – insbesondere in den Wahlkreisen Reinickendorf, Mitte, Pankow, Steglitz-Zehlendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg. 

Allerdings betrifft das die Bundestagswahlen und nicht die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus. Was den Bundestag angeht, kann die Linkspartei ruhig schlafen, denn zwei ihrer drei Direktmandate liegen zwar in Berlin (Lichtenberg und Treptow-Köpenick), sind aber nicht betroffen. Verlöre die Partei auch nur eines ihrer Direktmandate, bliebe ihr nur ein einziges Bundestagsmandat von den derzeit 39.  

Bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus ginge es bei der Linkspartei hingegen um ihre Regierungsbeteiligung. Zudem heißt es von Seiten des Gerichts, man werde sich bis zur Urteilsfindung noch einmal drei Monate Zeit lassen. Die Wiederholungswahl könnte dann im Frühjahr 2023 stattfinden. Findet die Wahl dann wie vom Bundeswahlausschuss vorgeschlagen nur in 400 von 2300 Stimmbezirken statt, dürfte sich das Bürgerinteresse daran verringern. Regierung und Gerichte könnten dann darauf hinweisen, sie hätten die schweren Verstöße zwar geahndet, aber mit ziemlicher Sicherheit bliebe es weitgehend bei der jetzigen Mandatsverteilung.