29.03.2024

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Folge 33-22 vom 19. August 2022 / Analyse / Das Problem ist größer als der Fall Schlesinger

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-22 vom 19. August 2022

Analyse
Das Problem ist größer als der Fall Schlesinger
René Nehring

Die Aufregung ist groß in der deutschen Medienlandschaft. Nachdem es in den vergangenen Wochen immer mehr Vorwürfe der Vetternwirtschaft gegen die Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb), Patricia Schlesinger, gegeben hatte und die Generalstaatsanwaltschaft gegen sie, ihren Ehemann, den Ex-„Spiegel“-Journalisten Gerhard Spörl, sowie gegen den zurückgetretenen rbb-Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue und der Vorteilsannahme eingeleitet hatte, trat Schlesinger zunächst von ihren Posten als Intendantin des Hauptstadtsenders und als Chefin des Aufsichtsrats der ARD-Produktionsfirma degeto zurück. 

Am Montag dann wurde Schlesinger vom rbb-Rundfunkrat „mit sofortiger Wirkung“ abberufen – also fristlos entlassen. Ausschlaggebend dafür waren kurz zuvor veröffentlichte Medienberichte, dass sich die bisherige Intendantin die Kosten für ein Abendessen in ihrer Privatwohnung, an dem auch die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik und der Vorstandsvorsitzende der Charité teilnahmen, von ihrem Sender erstatten ließ (siehe Seite 4). 

Die Aufregung rund um die Affäre Schlesinger ist berechtigt, ihr Rücktritt und ihre Entlassung ebenso – dennoch liegt das eigentliche Problem woanders. Auch wenn man sich hüten muss, Einzelfälle zu einem generellen Problem zu erklären – zumal dann, wenn die Aufklärung funktioniert und die Fehlgriffe geahndet werden –, zeigt die Affäre einmal mehr den dringenden Reformbedarf bei den öffentlich-rechtlichen Sendern. 

Arroganz und Einseitigkeit

Seit Jahren schon bemängeln Kritiker, dass ARD und ZDF ihren Auftrag, die Bürger dieses Landes mit zuverlässigen Informationen und qualitativ anspruchsvoller Unterhaltung zu versorgen, immer weniger erfüllen. Stattdessen werde das eigene Publikum beleidigt (siehe die „Umweltsau“-Affäre Anfang 2020) oder gar versucht, es umzuerziehen (siehe das alltägliche zwanghafte „Gendern“ in den Beiträgen der Sender). Andere Kritikpunkte sind, dass die öffentlich-rechtlichen Sender viel zu aufgeblasen sind, dass sie das weltweit größte Budget und das umfangreichste Programm haben – und dennoch in entscheidenden Augenblicken (etwa bei den Terroranschlägen in Paris) viel zu schwerfällig berichten. 

Und dann ist da der Vorwurf der politischen und weltanschaulichen Einseitigkeit. Seit vielen Jahren schon belegen einschlägige Studien und Befragungen zu den politischen Orientierungen der Journalisten von ARD und ZDF, dass diese zu Dreivierteln und mehr Anhänger der Parteien links der Mitte sind, die jedoch beim Volk selten eine Mehrheit haben, wodurch eine enorme Schieflage in der politischen Ausrichtung der Sender entstünde. Dadurch können etwa die Grünen, die in der letzten Legislaturperiode 2013 bis 2017 die kleinste Fraktion im Deutschen Bundestag stellten, regelmäßig die meisten Gäste in den Talkshows und Interviewpartner in den reichweitenstarken Nachrichtensendungen von ARD und ZDF stellen. 

Möglich wurde das alles durch eine – vorsichtig formuliert – freundliche Rechtsprechung. Seit Jahrzehnten schon (zuletzt 2020 bei der Weigerung des Landtags von Sachsen-Anhalt, der geforderten Erhöhung des Rundfunkbeitrags zuzustimmen) schmettert das Bundesverfassungsgericht jeden noch so kleinen Versuch der Politik, die Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu reformieren, mit dem Verweis auf dessen verfassungsmäßig garantierte Unabhängigkeit ab. Damit stellen die Richter jedoch zugleich den Sendern faktisch die Erlaubnis aus, machen zu können, was sie wollen – und dies den Bürgern auch noch in Rechnung stellen zu können, ohne dass diese sich wehren können. 

Fraglich ist, wie lange dieses „Geschäftsmodell“ noch funktioniert. Zu Recht schreibt der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, die Schlesinger-Affäre habe „das Potenzial, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland endgültig die Legitimationsgrundlage und öffentliche Akzeptanz zu entziehen“. Dass es tatsächlich anders geht, zeigt Großbritannien. Dort kündigte die Regierung zu Jahresbeginn an, die Zwangsgebühren zunächst einzufrieren – und ab 2027 ganz abzuschaffen.