25.04.2024

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Folge 33-22 vom 19. August 2022 / Astronomie / Die Grenzen des Himmels durchbrochen / Vor 200 Jahren starb Wilhelm Herschel – Der aus Hannover stammende Forscher entdeckte 1781 in England den Planeten Uranus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-22 vom 19. August 2022

Astronomie
Die Grenzen des Himmels durchbrochen
Vor 200 Jahren starb Wilhelm Herschel – Der aus Hannover stammende Forscher entdeckte 1781 in England den Planeten Uranus
Harald Tews

Der August bietet für erfahrene Himmelsbeobachter eine interessante Planetenkonstellation. Um Mitternacht herum steigt nicht nur Mars am Osthimmel empor, sondern rechts oberhalb von ihm auch Uranus. Während Mars in der Dunkelheit trotz künstlichen Lichts in den Städten mit bloßen Augen gut sichtbar ist, benötigt man dort für Uranus mindestens ein gutes Fernglas, um ihn zu finden.

Obgleich Uranus mehr als sieben Mal so groß wie Mars ist, erscheint er wie ein Winzling, da der siebte Stern unseres Planetensystems 19-mal weiter von der Sonne entfernt ist als die Erde und somit auch viel weiter als unser Nachbarplanet Mars. Weil Uranus wegen der großen Entfernung nahezu unsichtbar ist, kannte man seit alters nur die fünf mit bloßem Auge sichtbaren Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Dass nicht die Sonne, sondern die Erde ebenfalls ein Planet ist, weiß man spätestens seit Kopernikus.

Mit dem aus Hannover stammenden Friedrich Wilhelm Herschel sollte sich das ändern. Mithilfe eines Teleskops fand er 1781 heraus, dass es sich bei einem Lichtpunkt im All nicht um einen Fix-, sondern um einen Wandelstern, also einen Planeten, handeln musste. Uranus war entdeckt, wenngleich sich die Benennung nach der griechischen Göttergestalt erst später durchsetzte. Herschel selbst nannte ihn noch Georgium Sidus – Georgsstern zu Ehren des englischen Königs Georg III.

Denn Herschel lebte seit 1757 in London, also dort, wo Georg III. in Personalunion mit dem Kurfürstentum Hannover herrschte. Er folgte damit einem anderen großen Deutschen, der den Ruf eines britischen Herrschers aus dem Haus Hannover erhörte und nach England zog: Georg Friedrich Händel. Der Barockkomponist wirkte von 1710 bis zu seinem Tod 1759 ebenfalls in London und hat dort seine bedeutendsten Kompositionen verfasst.

Auch Herschel, der 1738 in Hannover geborene Sohn eines Militärmusikers, verstand sich in erster Linie als Musiker. Mit 14 Jahren startete er seine Laufbahn als Oboist in der kurhannoverschen Fußgarde. Als dann im Siebenjährigen Krieg die gegen eine Allianz aus Hannoveranern und Briten siegreichen französischen Truppen nach der Schlacht von Hastenbeck einen Teil Kurhannovers besetzten, flüchtete Herschel nach England, wo er zunächst als Musiklehrer und Notenkopist in London lebte. Später arbeitete er als Organist in einem Orchester sowie als Komponist hauptsächlich im Ort Bath.

Den Ruhm eines Händel erreichte er als Komponist jedoch nicht einmal annähernd. Während Händel mit seinem „Halleluja“-Chor aus dem „Messias“ sowie seinen Feuerwerks- und Wassermusiken unvergessen bleibt, ist von Herschel als Komponist trotz seiner zahlreichen Sinfonien, Solokonzerte, Kammermusiken und Orgelwerke kaum noch die Rede. Seine musikalischen Werke werden heute so gut wie nicht mehr aufgeführt.

Die mathematisch-stringent geprägte Musik brachte Herschel jedoch zur Astronomie. Er stellte nicht nur selbst Berechnungen an über Kreisbewegungen von Himmelskörpern und Planetenkonstellationen, sondern entwickelte eigene astronomische Instrumente, mit denen er sich einen Zusatzverdienst verschaffte. Dazu gehörten neuartige Spiegelteleskope, bei denen er das über einen Spiegel reflektierte Licht auf das Linsenokular exakt berechnete. Anders als die reinen Linsenteleskope, mit denen noch Galileo Galilei die vier größten Jupitermonde entdeckte, sind Spiegelteleskope dank der Reflexion viel lichtempfindlicher. Damit gelangen Herschel unter tatkräftiger Unterstützung seines Bruders Alexander und seiner Schwester Caroline spektakuläre Beobachtungen des Sternenhimmels.

Bei seiner Uranus-Entdeckung blieb es nicht. Herschel entdeckte zusätzlich mit Titania und Oberon die zwei größten Monde des Uranus und fand als Erster heraus, dass Uranus ähnlich wie Saturn über ein Ringsystem verfügt. Ferner bestimmte er im Weltall bislang unbekannte Nebel, die sich später als Gasnebel, Sternhaufen und Galaxien erwiesen. Sein „Herschel-Katalog“, in dem er mit seiner Schwester über 2500 von ihm entdeckte „neblige Objekte“ klassifizierte, diente lange Zeit als Standard in der Astronomie.

Heute ist man in der Forschung um Lichtjahre weiter. So weiß man, dass Uranus mindestens 27 Monde besitzt, dass jenseits dieses Planeten noch Neptun und der Zwergplanet Pluto um die Sonne kreisen und dass es allein im Sonnensystem unzählige Asteroiden und Kometen gibt.

Da Uranus noch einmal doppelt so weit von der Sonne entfernt ist wie Saturn, erweiterte sich dank Herschels Uranus-Entdeckung das Sonnensystem entsprechend auf das Doppelte des bis dahin bekannten Umfangs. Auf seinem Grabstein im englischen Slough, wo Herschel vor 200 Jahren, am 25. August 1822, starb, steht daher der passende Satz: „Er durchbrach die Grenzen des Himmels.“

Jetzt im August lohnt sich der Blick in den klaren Nachthimmel. Bei der Suche nach Uranus mit optischen Hilfsmitteln sollte man daher eines deutschen Forschers gedenken, der revolutionäre Pionierarbeit in der Astronomie geleistet hat.