20.04.2024

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Folge 34-22 vom 26. August 2022 / Energie und Sicherheit / Berlin ringt mit den Folgen seiner eigenen Politik / Auf der Suche nach Wegen aus der Energiekrise wirkt die Regierung zunehmend verzweifelt. Dabei ist die Lage die Konsequenz ihrer souveränen Entscheidungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-22 vom 26. August 2022

Energie und Sicherheit
Berlin ringt mit den Folgen seiner eigenen Politik
Auf der Suche nach Wegen aus der Energiekrise wirkt die Regierung zunehmend verzweifelt. Dabei ist die Lage die Konsequenz ihrer souveränen Entscheidungen
René Nehring

Nun also Kanada. Am Montag brachen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) zu einem dreitätigen Arbeitsbesuch in das nordamerikanische Land auf, um – laut Bundesregierung – „die bilaterale Zusammenarbeit im Klima- und Energiebereich mit den kanadischen Partnern (zu) vertiefen“. Konkret ging es unter anderem um die Unterzeichnung eines Abkommens über die Zusammenarbeit in Sachen Biowasserstoff sowie um die Lieferung von Flüssiggas (LNG) von Kanada nach Deutschland. 

Was mit schönen Worten wie „Energiepartnerschaft für die Zukunft“ beschrieben wurde, offenbart ein hohes Maß an Verzweiflung, das die Bundesregierung im Hinblick auf den für den Herbst erwarteten Energienotstand befallen hat. Wie groß muss die Not sein, wenn man buchstäblich an einem anderen Ende der Welt um Energielieferungen betteln muss?

Um so peinlicher, dass Kanadas Premierminister Justin Trudeau gleich zu Beginn eingestehen musste, kurzfristig kaum Gas abgeben zu können. Die zusätzliche Förderung und Lieferung von LNG erfordert den Aufbau einer komplexen Infrastruktur, die nicht nur Geld kostet, sondern vor allem Zeit erfordert. Noch gewagter ist die Aussicht auf Wasserstoff, da die damit verbundenen Projekte überwiegend noch im Planungszustand sind. 

Die Probleme sind hausgemacht

Ein weiteres Problem ist die Erwartungshaltung der Bundesregierung. So scheiterte der Wirtschaftsminister bei seinem vorherigen Anlauf, die deutschen Gasengpässe durch Lieferungen aus Katar zu kompensieren, maßgeblich an seinem Beharren auf kurzlaufende Lieferverträge. Denn trotz der akuten Nöte und dem offensichtlichen Scheitern des bisherigen Weges will Berlin keineswegs vom Ziel der Energiewende abweichen. Ob die Kanadier weniger anspruchsvoll sind als die Kataris und sich mit kurze Vertragslaufzeiten zufrieden geben, wird man sehen. 

Bei all dem darf man nicht vergessen: Weder der derzeitige Energiemangel noch die damit verbundenen horrenden Preise – am Montag dieser Woche berichteten Medien, dass eine Megawattstunde Gas im Großhandel inzwischen 282 Euro koste, während es vor einem Jahr noch 26 Euro (!) waren – müssten sein. Sie sind vielmehr Folge der deutschen Energiewende, die zum nahezu gleichzeitigen Ausstieg aus den bisherigen Hauptenergieträgern Atomkraft und Kohle führte und stattdessen auf den Ausbau von Wind und Solar setzte, obwohl diese gar nicht in der Lage sind, unser Land ganzjährig rund um die Uhr zu versorgen. Weshalb als „Brückentechnologie“ Gas ausgebaut wurde, was Deutschland wiederum direkt in eine größere Abhängigkeit von seinem Hauptgaslieferanten Russland führte. 

Vor diesem Hintergrund muss die beim Ausbruch des Ukrainekriegs verhängte Sanktionspolitik gegen Russland hinterfragt werden. Auch wenn von deutschen Politikern und Medien viel darüber geklagt wird, dass der russische Präsident Putin uns das Gas abdrehen würde, bleibt es doch ein Fakt, dass Deutschland – mit seinen Verbündeten – als Antwort auf den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands gegen die Ukraine auf breiter Front einen Wirtschaftskrieg gegen Moskau eröffnet hat, zu dessen Maßnahmen auch ein Verzicht auf die Inbetriebnahme der Erdgasleitung Nord Stream 2 gehört.  

Letztere ist faktisch fertig und könnte nach dem Abschluss der bereits begonnenen Prüfung ans Netz gehen. Habeck und Scholz bräuchten also weder nach Katar noch nach Kanada zu fliegen, um dort um Energie zu betteln, sondern nur nach Rügen zu fahren, um die Pipeline in Betrieb zu nehmen. Bislang gilt das freilich als Tabu, als unsolidarischer Akt gegenüber dem Abwehrkampf der Ukrainer. Doch völlig zu Recht fragte dieser Tage der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, was es der Ukraine nützt, wenn in Deutschland die Lichter ausgehen. Ganz im Gegenteil ist nur eine wirtschaftlich starke Bundesrepublik in der Lage, Hilfe zu leisten. 

Eine Umkehr ist möglich 

Natürlich würde von einem solchen Schritt auch Russland profitieren, andererseits stellt sich die Frage, was Deutschland mit seiner bisherigen Sanktionspolitik erreicht hat? Zumal Berlin diejenige Hilfe, die den Ukrainern in ihrem Abwehrkampf tatsächlich geholfen hätte, nämlich die Lieferung schwerer Waffen, bislang nur hinhaltend geleistet hat. 

Die deutsche Politik sollte eingestehen, dass ihr Ansatz, durch Wirtschaftssanktionen auf den russischen Präsidenten Druck auszuüben und diesen zu einem Friedenschluss zu bewegen, nicht erfolgreich war, andererseits durch die Explosion der Energiekosten unserem Land (und das heißt vor allem seinen Bürgern), massive Schäden entstanden sind. 

Zu den Hebeln, über die Berlin zur Abwendung der Energiekrise verfügt, gehört auch die Verlängerung der Laufzeiten der letzten drei aktiven Atomkraftwerke (AKW). Gerade hier zeigt sich, dass die hiesigen Probleme keine Naturereignisse sind, sondern vielmehr die Konsequenz aus souveränen Entscheidungen deutscher Politik. Deutschland ist, obwohl es einst die produktivsten und sichersten AKW der Welt hatte, aus eigenem Entschluss aus der Kernkraft ausgestiegen. Und aus eigenem Entschluss hält es noch immer an diesem Ausstieg fest, obwohl überall um uns herum neue Kraftwerke entstehen. 

Derzeit sieht es nicht so aus, als seien Scholz, Habeck & Co. zu einer Umkehr von ihrem kostspieligen Irrweg bereit. Deshalb droht Deutschland in wenigen Wochen tatsächlich ein Ausgehen der Lichter – mit kalten Temperaturen in den Häusern und um so erhitzteren Gemütern auf den Straßen und Plätzen der Republik. Sollte es so weit kommen, wäre dies nicht das Ergebnis der Politik finsterer Mächte oder irgendwelcher Extremisten, sondern die Folge der Entscheidungen einer Regierung, der das Festhalten an eigenen Weltbildern wichtiger war als die realpolitischen Interessen unseres Landes und seiner Bürger.