28.03.2024

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Folge 34-22 vom 26. August 2022 / Christlich Demokratische Union / Abschied von der Merkel-Partei? / Noch kein konservativer Aufbruch in Sicht – Wie sich die CDU auf ihren baldigen Parteitag vorbereitet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-22 vom 26. August 2022

Christlich Demokratische Union
Abschied von der Merkel-Partei?
Noch kein konservativer Aufbruch in Sicht – Wie sich die CDU auf ihren baldigen Parteitag vorbereitet
Ansgar Lange

Zwei Fragen können zurzeit selbst eingefleischte Unions-Anhänger nur schwer beantworten: Wofür steht die CDU? Und was unterscheidet sie von ihren politischen Gegnern? Eines ist offensichtlich: Angela Merkel spielt keine große Rolle mehr für das Selbstverständnis der CDU. Aber im Apparat der Partei arbeiten noch viele überzeugte Merkelianer.

Dem aktuellen Parteivorsitzenden Friedrich Merz ist es noch nicht gelungen, den Markenkern der Partei neu zu definieren. Auf dem Feld der Außen- und Sicherheitspolitik gelingt es ihm am ehesten, die schwächelnde Bundesregierung vor sich herzutreiben. Der rhetorisch versierte Sauerländer vermag im Bundestag als scharfzüngiger Debattenredner zu überzeugen. Das unterscheidet ihn wohltuend von der bleiernen Merkel-Zeit. Doch bei innenpolitischen Themen prägen weder Merz noch die von ihm geführte Fraktion noch die Partei bisher das Meinungsklima. 

Merz war der Hoffnungsträger der Konservativen. Diese hat er schwer enttäuscht, weil er sich für ihr Verständnis zu sehr um ein zeitgeistiges Image bemüht. Sein Umschwenken bei der Frauenquote hat viele irritiert. Die Stammwählerschaft fremdelt erkennbar mit Merz. Dieses neue Auftreten ist natürlich auch Sachzwängen geschuldet. Tanzt der neue Parteivorsitzende beim Thema Gendern aus der Reihe und wendet er sich gegen die Cancel-Kultur, dann bedienen die Medien recht schnell wieder das alte Feindbild vom „Sauerland-Trump“.

Die CDU müsste angesichts der Erinnerungslücken und kommunikativen Unfähigkeit des Bundeskanzlers, der sozialen Kälte und des ideologischen Furors der Grünen sowie der Orientierungslosigkeit der FDP jetzt mit Köpfen und Themen punkten. Am 9. und 10. September tagt der 35. Parteitag der CDU in Hannover. Doch dieser Parteitag widmet sich vor allem organisatorischen Fragen und strukturellen Veränderungen der Parteiarbeit. Auch die Wahl einer stellvertretenden Generalsekretärin steht an. Die Bürger, die mit bangem Blick einem Mangel-Winter entgegensehen, dürfte dies alles ziemlich kalt lassen. Das neue Grundsatzprogramm soll dann erst zur Europawahl im Jahr 2024 verabschiedet werden. 

„Bürgerliche“ Grundwertecharta

Die Programm- und Grundsatzkommission arbeitet unter der Leitung des Bundestagsabgeordneten Carsten Linnemann. Außerdem haben zehn Fachkommissionen ihre Arbeit aufgenommen. Bisher liegt eine Grundwertecharta vor. Diese enthält die übliche Lyrik. Die CDU sei die „Volkspartei der Mitte“ und fragwürdige Sentenzen wie „Die CDU versteht sich als die Kraft, die Menschen wertschätzt und für das Morgen begeistert“. Man sei sozial, liberal und konservativ – „und im besten Sinne bürgerlich“. 

Das Bürgerliche der CDU zeige sich vor allem darin, dass man für „eine offene Gesellschaft“ eintrete. Hier möchte man sich offenkundig von einer anderen, alternativen Partei abgrenzen, der man das „Bürgerliche“ abspricht. 

Mit Stolz verweist die Grundwertecharta darauf, dass bislang vier Bundeskanzler und eine Bundeskanzlerin aus den Reihen der CDU das Land maßgeblich geprägt hätten. Die Verdienste beginnen beim Grundgesetz, nennen Soziale Marktwirtschaft, Westbindung und europäische Einigung und hören bei der deutschen Einheit – also bei Kohl – auf. Mit der „ewigen“ Kanzlerin Angela Merkel werden also keine Verdienste verbunden. Unausgesprochen schwingt hier vielleicht die Erkenntnis mit, dass Merkel – Stichwort Energiewende – für einige Probleme der aktuellen Zeit einen Großteil der Verantwortung trägt. 

Diejenigen, die mit Merz und Linnemann einen konservativen oder wirtschaftsliberalen Aufbruch erhofft hatten, dürften von der Lektüre der Grundwertecharta wohl eher enttäuscht sein.

Der Antrag des Bundesvorstandes an den 35. Parteitag der CDU Deutschlands widmet sich ebenfalls vor allem organisatorischen Fragen. Die Union soll die digitalste Partei Deutschlands werden. Hierzu soll dann auf der Ebene der Kreisverbände das Amt des Digitalbeauftragten im Vorstand verankert werden. Ob personell immer stärker „aufgeblähte“ Vorstände wirklich schlagkräftiger werden, wird man sehen.

Recht seltsam wirkt die Formulierung: „Es ist die originäre Aufgabe eines jeden Mitglieds in der CDU, aktiv Frauen zu werben.“ Jeder Kreisvorsitzende hat demnächst sogar eine Berichtspflicht über die Entwicklung des Frauenanteils und die Maßnahmen zur Frauenförderung im jeweiligen Verband.

Ob der CDU als „Volkspartei der Zukunft“ so der Weg der eigenen Erneuerung gelingt? Zweifel bleiben. Zudem müsste es besser als bisher gelingen, neben Merz weitere markante Köpfe samt Themen zu präsentieren. Angesichts der Affinität der Medien zu den Grünen wird dies sehr schwer werden.