24.04.2024

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Folge 34-22 vom 26. August 2022 / Patronage-Verdacht / Bürgermeister von Berlin-Mitte droht Abwahl / Grünen-Politiker Stephan von Dassel soll einen „alten Bekannten“ unzulässig protegiert haben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-22 vom 26. August 2022

Patronage-Verdacht
Bürgermeister von Berlin-Mitte droht Abwahl
Grünen-Politiker Stephan von Dassel soll einen „alten Bekannten“ unzulässig protegiert haben
Hermann Müller

Mit einem hauchdünnen Vorsprung hatte eine INSA-Umfrage die Berliner Grünen mit 21 Prozent im Juli noch vor der SPD und den Christdemokraten (jeweils 20 Prozent) gesehen. Vorwürfe gegen den Grünen-Politiker Stephan von Dassel könnten nun allerdings die Zustimmungswerte für die Partei wieder sinken lassen. Der grüne Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, durch das Anbieten einer privaten Geldzahlung versucht zu haben, nach einem Stellenbesetzungsverfahren im Bezirksamt einen unterlegenen Stellenbewerber persönlich abzufinden. 

Wie die „Berliner Zeitung“ berichtet, hat die Position Leitung Steuerungsdienst „ein alter Bekannter Dassels“ bekommen, „der ihn schon beim Grünen-Wahlkampf unterstützt hat und außerdem eine hohe Position bei den Grünen innehat“. 

Der abgelehnte Bewerber, ein Verwaltungsbeamter in einer großen Berliner Einrichtung, sah sich allerdings mit mehr Berufserfahrung und auch formal besser qualifiziert. Üblicherweise werden strittige Stellenbesetzungen von den Juristen im Bezirksamt betreut. Am Ende landen solche Fälle oftmals vor dem Verwaltungsgericht.

Von Dassel soll laut Berichten der „Berliner Morgenpost“ und des „Tagesspiegel“ stattdessen dem abgelehnten Bewerber drei Monatsgehälter als Ausgleich angeboten haben. Laut dem unterlegenen Bewerber hat zunächst ein persönliches Gespräch mit dem Bezirksbürgermeister stattgefunden. Zwei Tage später soll von Dassel eine SMS geschickt haben, in der er fragte, ob man sich auch mit einer „privatrechtlichen Vereinbarung“ zu gleichen Konditionen einigen könne. Als Begründung soll er laut dem Bewerber angeführt haben, dass sich der Ausgleich wohl nicht über den Bezirkshaushalt abrechnen lasse. Von Dassel bestreitet, dem Kandidaten Geld angeboten zu haben. Er habe nur geprüft, ob die Klage durch eine Geldzahlung über das Bezirksamt abzuwenden sei, so der Grüne. 

Am 8. September wird es ernst

Diese Argumentation kann tatsächlich sogar als Bestätigung der Vorwürfe gesehen werden. Bei einem korrekten Verlauf der Stellenvergabe bräuchte das Bezirksamt einen Prozess vor dem Verwaltungsgericht eigentlich nicht zu scheuen. Zudem diskutieren Bezirkspolitiker und Medien nun den Verdacht, dass von Dassel zur Abfindungszahlung Steuergelder verwenden wollte, um einen Prozess zu vermeiden und letztendlich auch den Parteifreund auf dem Posten halten zu können. Mittlerweile hat Stephan von Dassel ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst beantragt. Als Dienstaufsicht über die Bezirke ist die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey (SPD), selbst zuständig. Giffey bezeichnete die Einleitung eines Disziplinarverfahrens als „zwingend“: „Weil aufgrund der Unterlagen, die Herr von Dassel uns eingereicht hat, nicht ausgeschlossen werden kann, dass er als Beamter des Landes Berlin gegen seine Dienstpflichten verstoßen hat.“

Ganz offen abgerückt ist mittlerweile die Grünen-Fraktion im Bezirksparlament, die wie SPD, Linkspartei, CDU und FDP den Rücktritt von Dassels fordert. Von Dassel selbst lehnt allerdings bislang einen Rücktritt ab. Bleibt er dabei, droht ihm bei einer Sondersitzung der Bezirksverordnetenversammlung am 8. September die Abwahl. Bei den Grünen hat auch bereits die Suche nach einem Nachfolger begonnen.