28.03.2024

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Folge 34-22 vom 26. August 2022 / TV-Kritik / Untergang in sechs Teilen / Mit der Serie „Liberame“ quält sich das ZDF mit dem Migrationsdrama auf dem Mittelmeer ab

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-22 vom 26. August 2022

TV-Kritik
Untergang in sechs Teilen
Mit der Serie „Liberame“ quält sich das ZDF mit dem Migrationsdrama auf dem Mittelmeer ab
Anne Martin

Es ist ein Notfall, wie er im Mittelmeer derzeit häufiger passieren könnte: eine Jacht voller unbeschwerter Segler trifft auf ein überfülltes, manövrierunfähiges Migrantenboot. Was tun mit den verzweifelten Menschen? Auf hoher See ist die Rettung Schiffbrüchiger eine Pflicht. Andererseits macht sich ein Skipper des Schleppertums verdächtig, bringt er illegale Einwanderer in einem europäischen Hafen an Land. Ein Dilemma, das der Kapitän Jan Garbe (Friedrich Mücke) gegen das mehrheitlich ablehnende Votum seiner Crew im Alleingang entscheidet. Er nimmt das Migrantenboot in Schlepp. 

Was der ZDF-Sechsteiler mit dem pathetischen Titel „Liberame“ („Befreie mich“, gesendet am 5. und 7. September im Dreierpack von jeweils 45-Minuten ab 20.15 Uhr) in den folgenden Folgen auffächert, ist ein ehrenwerter, aber letztlich misslungener Versuch, möglichst viele Facetten der Migrationskrise wie unter dem Brennglas abzuarbeiten. Auf See kommt es zum tragischen Verhängnis. Während die Nachtwache Helene (Ina Weisse), eine Anwältin, betrunken am Ruder einschläft, reißt das Schleppseil. Im aufkommenden Sturm kentert das abgehängte Boot, sieben der Insassen ertrinken.

Jahre später erkennt der Kapitän in einem Taxifahrer zufällig einen Überlebenden wieder. Garbe lädt ihn und dessen Familie zu sich nach Hause ein, eine Art Wiedergutmachungskaffee soll es wohl sein. Da sitzen sie nun, die gutsituierten Deutschen und die syrischen Eheleute mit Sohn, die ihre ertrunkene Tochter beklagen und die Frage aufwerfen, ob das Schleppseil womöglich mutwillig zerschnitten wurde. Die Situation eskaliert. Im Zuge der weiteren Folgen wird die zum Verkauf angebotene Jacht in Brand gesteckt, ein Stein zerschlägt das Fenster der Garbes, und eines Tages ist die halbwüchsige Tochter Ellie spurlos verschwunden. 

Wenn das öffentlich-rechtliche Fernsehen die heiklen Themen Seenotrettung und Migrationskrise aufgreift, müssen alle Vorgaben des politisch herrschenden Zeitgeists erfüllt sein. Selbstredend wird die syrische Familie als nobel, gebildet und gut integriert dargestellt. Die Biographien der anderen Immigranten sind derart herzzerreißend, dass selbst die polnische Cafébesitzerin, in deren Laden einer der Syrer aushilft, zutiefst ergriffen ist. 

Geradezu erfrischend ist, dass zumindest die Schwester des Bootsführers (Natalia Belitski) den nüchternen Konterpart gibt. Die kammerspielartige Handlung wirkt wie ein sorgsam abgesteckter Parcours, der mit den tatsächlich existierenden Konflikten der Masseneinwanderung möglichst wenig kollidieren will. Eher drängt sich der Eindruck auf, die Deutschen seien das Problem und hätten unter ihrer moralischen Verantwortung zu ächzen. So spielt etwa die in der schicksalhaften Nacht am Steuerruder eingeschlafene Anwältin eine Strauchelnde, die 

– Achtung Metapher! – ihre Schuld am Tod einiger der Wirtschaftsmigranten mit Alkohol ertränkt und zum Schluss beruflich ihrerseits untergeht. 

Moral tropft aus allen Wanten, und die Auflösung ist ähnlich unglaubwürdig wie manch andere Wendung dieses allzu bemühten Drehbuchs auch.