27.07.2024

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Folge 34-22 vom 26. August 2022 / Władysław Gomułka / Vom Reformer zum Reaktionär

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-22 vom 26. August 2022

Władysław Gomułka
Vom Reformer zum Reaktionär

Die Wiege des am 6. Februar 1905 geborenen Polen Władysław Gomułka stand im galizischen Krosno. Er wurde Schlosser sowie Gewerkschafts- und Mitglied der Kommunistischen Partei Polens. In der Zweiten Polnischen Republik wurde er mehrfach verhaftet. Das hatte ein vorläufiges Ende, als Polen geteilt wurde. 1939 bis 1942 lebte er im sowjetisch besetzten Ostteil seines Heimatlandes. Als die Deutschen auch diesen Teil im Zuge des deutsch-sowjetischen Krieges besetzten, ging er in den Untergrund. 

1942 gehörte er zu den Gründern der kommunistischen Polnischen Arbeiterpartei. In der Nachkriegsregierung seines Landes bekleidete er neben dem Amt des stellvertretenden Ministerpräsidenten von 1945 bis 1949 auch das des Ministers für die „wiedergewonnen Gebiete“. 

Gomułka gehörte zu den Befürwortern eines eigenen Weges zum Sozialismus, eines polnischen Sonderweges. Das brachte ihn in Konflikt mit den Stalinisten, die sich mit Hilfe der Sowjetunion vorerst durchsetzen. Er wurde aus der Partei ausgeschlossen und kam sogar für einige Jahre in Haft. 

Die Wende brachte nach dem Tode Josef Stalins der sogenannte Polnische Oktober. Die politischen Unruhen im Herbst 1956 spülten Gomułka, mit dem viele die Hoffnung auf einen nationaleren Kommunismus verbanden, an die Macht. Am 21. Oktober 1956 übernahm er den in den Ostblockstaaten entscheidenden Posten des Parteichefs. 

Gomułka bremste die Sozialisierung, und ihm gelang auch eine Hebung des Lebensstandards. Letztlich war er jedoch nicht willens oder in der Lage, die in ihn gesetzten Erwartungen und Hoffnungen zu erfüllen. Aus dem Reformer wurde ein Reaktionär. Zu Zeiten des Prager Frühlings, der von jenem Reformwillen getragen wurde, der ihn einst an die Macht gebracht hatte, gehörte er neben Walter Ulbricht zu dessen entschiedensten Gegnern.

Gomułka suchte Erfolge in der Außenpolitik und Unterstützung von der Bundesrepublik. Auf seine Initiative hin kam es schließlich zum Warschauer Vertrag. Dessen Bestimmungen zur Oder-Neiße-Linie waren ein großer außenpolitischer Erfolg des vormaligen Ministers für die „wiedergewonnen Gebiete“.

Der reichte aber nicht aus, um zu verhindern, dass eine Woche nach Vertragsunterzeichnung ein Arbeiteraufstand ausbrach, während dem Gomułka von seinen Genossen zum Rückzug gezwungen wurde. Der neue Hoffnungsträger hieß Edward Gierek. Vor vier Jahrzehnten, am 1. September 1982, starb Władysław Gomułka in der masowischen Kleinstadt Konstancin-Jeziorna.Manuel Ruoff