19.04.2024

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Folge 34-22 vom 26. August 2022 / KULTURZENTRUM OSTPREUSSEN / Geschichte der Jagd in Ostpreußen / Zwischen Weichsel und Memel, Rominter Heide und Elchwald – Neue Ausstellung in Ellingen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-22 vom 26. August 2022

KULTURZENTRUM OSTPREUSSEN
Geschichte der Jagd in Ostpreußen
Zwischen Weichsel und Memel, Rominter Heide und Elchwald – Neue Ausstellung in Ellingen
Manfred E. Fritsche

Viele Tierarten sind ausgestorben, weil sie zu intensiv bejagt wurden. Dies geschah auch bereits mit den damaligen Jagdmethoden vor mehreren Jahrhunderten in den Wäldern Ostpreußens.

Die Hintergründe, die mit der Besiedelung früher menschenleerer Räume, dem Raubbau und der Abholzung von Wäldern sowie der unkontrollierten Bejagung des vorhandenen Wildes, die erst mit der Einrichtung von Forstämtern durch den Deutschen Orden, den preußischen Herzögen und dem deutschen Kaiser eine Lenkung erfuhren, wird in dem Heft „Auf der Pirsch in Heide, Wald und Moor“ des Kulturzentrums Ostpreußen in Ellingen beschrieben, das nun zu einer aktuell laufenden Ausstellung zur Geschichte der Jagd zwischen Weichsel und Memel erschienen ist.

Um 1230, als der Deutsche Orden das Prußenland missionierte, war das Gebiet zu rund 80 Prozent mit Wald bewachsen, wobei Laubwald vorherrschend war. Mit der Gründung zahlreicher Siedlungen wurden Teile des Waldes gerodet und die darin lebenden Tiere bejagt. Um 1790 waren nur noch 30 Prozent der Fläche, meist mit Nadelwald, bedeckt, der Rest war als Acker- oder Weideland kultiviert. Dadurch gingen die masttragenden Gehölze wie Eichen, Buchen oder Linden zurück, was durch die Zerstörung des Lebensraumes Auswirkungen auf den Tierbestand hatte. 

So starben bereits 1627 der letzte Auerochse Mitteleuropas, 1644 das letzte Wildpferd und 1756 das letzte Wisent durch Bejagung, aber auch der Braunbär, der Wolf, der Luchs, die Wildkatze, der Auerhahn und das Haselhuhn. Andere Populationen gingen stark zurück wie der Elch, der Hirsch und das Rehwild.

Der Deutsche Orden erlaubte die freie Jagd auf alle Wildtiere. Jagdschutzverordnungen wurden als unnötig erachtet. In den Leibrevieren der Hochmeister jedoch durften nur diese selbst der Jagd nachgehen. In der Zeit unter Herzog Albrecht von Preußen entstanden um 1570 „Wildhäuser“ oder „Jagdbuden“, die den Jägern des Hofes als Unterkunft dienten.

Elchfleisch für die Dienerschaft

Wildbret spielte in dieser Zeit eine große Rolle und war der Hauptteil der fleischlichen Kost. Elchfleisch war populär, jedoch nicht so beliebt wie Hirsch oder Rind, weshalb es oftmals der Dienerschaft gegeben wurde. Häute und Felle waren abzuliefern und dienten der Herstellung von Kleidungsstücken und Sattelzeug. Elchklauen wurden in der Volksmedizin gegen Gicht und Kopfschmerzen verwendet.

Erst unter Herzog Albrecht wurde der Bevölkerung die allgemeine Jagdfreiheit entzogen und eine zentrale Forstverwaltung eingeführt. In der Waldordnung von 1582 wurde in den drei Kreisen des Herzogtums je ein Waldvogt als Aufseher für die Reviere eingesetzt. Ihnen folgten um 1650 die Oberförster mit ihren Forstmeistern. Einige Reviere wie die Rominter Heide wurden zu Leibrevieren erklärt, in denen die Obrigkeit vor allem Rothirsche jagte.

Dies geschah in der Form der Hetzjagd mit Hunden, der Treibjagd, der Pirschjagd und der Verwendung von Gruben und Fallen. Lebende Tiere wurden gefangen, um die Wildgärten des Landes zu füllen, um sie zu zähmen oder für Tierkämpfe vorzuhalten.

Für die preußischen Herzöge war die Jagd ein Zeitvertreib mit Gästen, bei denen hunderte von Tieren ihr Leben lassen mussten. Kurfürst Johann Sigismund erlegte nachweislich zwischen 1612 und 1618 38 Bären, 1998 Rothirsche, 2344 Rehe und 4008 Wildschweine. Bei einer fünftägigen Jagd zu Ehren des polnischen Königs August II. wurden über 400 Elche und Hirsche abgeschossen. Neben den Jagden der preußischen Könige dezimierten im Siebenjährigen Krieg die Russen so rücksichtslos den Wildbestand, dass 1780 alle Forstämter über den schlechten Zustand der Reviere klagten, der sich durch die folgenden Napoleonischen Kriege nochmals verschlechterte. Erst um 1860 konnten sich die Reviere wieder erholen.

Wilhelm II. entdeckte die Rominter Heide als Jagdrevier

Kaiser Wilhelm II., der normalerweise in der Schorfheide bei Berlin jagte, entdeckte die Rominter Heide und besuchte sie erstmals am 23. September 1890. Danach wurde ein großes Gebiet mit einem 100 Kilometer langen Zaun eingegattert und für die Öffentlichkeit gesperrt. An der Rominte entstand das Kaiserliche Jagdschloss Rominten im nordischen Stil wie auch im gleichen Stil die Hubertuskapelle. Jährlich zwei bis drei Wochen kam der Kaiser um die Zeit der Hirschbrunft im September nach Rominten. Bis 1913 erlegte er in diesem Revier 321 Hirsche.

Nach der Abdankung des Kaisers wurde die Heide Staatsrevier der Weimarer Republik, und nach der Machtübername durch das NS-Regimes erhob Reichsjägermeister Hermann Göring Anspruch auf sein späteres Lieblingsrevier. Er bildete aus mehreren Forstämtern ein Elchschutzgebiet, den „Deutschen Elchwald“.

Da Göring an den kriegspolitischen Geschäften in Berlin wenig Interesse hatte, verlegte er sein Büro nach Rominten. Er hielt sich für einen guten Jäger und war besessen, den stärksten Hirsch der Welt zu schießen, was ihm am 22. September 1942 mit dem „Matador“ auch gelang. Bevor die Sowjets 1944 nach Rominten kamen, befahl Göring, alles, was die Jäger aufspüren konnten, zu erlegen. Die Sowjets sollten möglichst wenig Wild vorfinden. Am 16. Oktober 1944 verließ Göring den Reichjägerhof, der zurückgelassene Hausverwalter zündete wenige Tage später das Gebäude an, das völlig niederbrannte.

Das Schriftwerk schließt mit Lebensläufen von verdienstvollen Forstmännern, die in Ostpreußen wirkten und gibt einen kurzen Ausblick auf die Jagd zwischen Weichsel und Memel nach 1945.


Ausstellung „Auf der Pirsch in Heide, Wald und Moor – Die Jagd in Ostpreußen“, zu der dieses Heft erschienen ist, ist bis 27. November im Kulturzentrum Ostpreußen im Ellinger Barockschloss zu sehen. Das mit vielen farbigen Abbildungen versehene 50-seitige auf hochwertigem Kunstdruckpapier mit Unterstützung des Förderkreises Ostpreußisches Jagdmuseum und der Hanns-Ludwig Loeffke Gedächtnisvereinigung gefertigte Heft kann vom Kulturzentrum Ostpreußen Ellingen in der Schloßstraße 9, 91792 Ellingen, Telefon (09141) 86440, Fax: (09141) 864414, 

E-Mail: info@kulturzentrum-ostpreussen.de zum Preis von 6,50 Euro zuzüglich Porto und Versandkosten bezogen werden. Weitere Informationen zu der laufenden Ausstellung gibt es auch unter: 

www.kulturzentrum-ostpreussen.de