19.04.2024

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Folge 35-22 vom 02. September 2022 / Regierungskrise / Habecks Problem ist größer als „handwerkliche Fehler“ / Neben der persönlichen Konzeptlosigkeit des Wirtschaftsministers offenbart die Strom- und Gaskrise auch die grundsätzlichen Fehler der Energiewende

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-22 vom 02. September 2022

Regierungskrise
Habecks Problem ist größer als „handwerkliche Fehler“
Neben der persönlichen Konzeptlosigkeit des Wirtschaftsministers offenbart die Strom- und Gaskrise auch die grundsätzlichen Fehler der Energiewende
René Nehring

Robert Habeck steckt in der ersten großen Krise seiner Amtszeit als Bundeswirtschaftsminister. Neben den explodierenden Energiepreisen setzt dem Minister vor allem die von ihm vorgeschlagene Gasumlage zu. Mit dieser Umlage von 2,4 Cent je verbrauchter Kilowattstunde sollen die Folgen der aktuellen Marktumstände für in Not geratene Gasversorger wie Uniper abgefangen und diese vor dem Zusammenbruch bewahrt werden. 

Die Kritik daran ist vielfältig. Während Ökonomen in dem Ansinnen einen unzulässigen Eingriff in den Markt sehen und darauf hinweisen, dass der Staat in anderen Krisen keine Umlage organisierte, sehen Wirtschaftsverbände durch die Maßnahme die Existenz vieler Unternehmen bedroht. Sozialverbände und Politiker bis in die SPD hinein beklagen hingegen die mit der Gasumlage verbundenen sozialen Härten für zahlreiche Bürger. Auf Unverständnis bei allen stößt, dass auch gesunde Unternehmen von der Umlage in ihrer jetzigen Gestaltung profitieren würden. Weshalb denn auch der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil in seltener Klarheit seinem Koalitionspartner „handwerkliche Fehler“ vorwarf und eine schnelle Überarbeitung verlangte. 

Doch so verständlich der Ärger über das Umlagen-Debakel auch sein mag, so sehr verdeckt die Debatte doch einige wichtige Umstände. Habecks Probleme – und die der Bundesregierung – sind nicht die Folge einiger „handwerklicher Fehler“, sondern eines energiepolitischen Irrwegs, der seit Jahren bedenkenlos ökonomische Notwendigkeiten und naturwissenschaftliche Fakten zugunsten ideologischer Lieblingsprojekte ignoriert (siehe Seite 3). 

Die eigentlichen Probleme

Es ist die Folge eines Irrwegs, dessen Protagonisten nicht wahrhaben wollen, dass man eine ganzjährig rund um die Uhr laufende Hochleistungsindustrie auch mit noch so vielen Windrädern und Solaranlagen nicht versorgen kann, da diese nicht ganzjährig rund um die Uhr Energie liefern. Doch selbst jetzt noch fordern Grünen-Politiker und ihnen nahestehende Lobbyisten der Erneuerbaren Energien im Verbund mit geneigten Medien einen forcierten Ausbau der Erneuerbaren. 

Dass auch Habeck zu jenen gehört, die klare Fakten missachten, wenn diese nicht dem eigenen Weltbild entsprechen, zeigte er vergangene Woche mit dem Abschluss einer Energiepartnerschaft mit Kanada. Deren Ziel ist die gesicherte Versorgung mit Flüssiggas (LNG) und Biowasserstoff, was Deutschland nicht zuletzt die Abkehr von seinem bisherigen Hauptgaslieferanten Russland ermöglichen soll. 

Allein über die beiden bestehenden Leitungen der Pipeline Nord Stream 1 lieferte Russland im Jahr 2021 rund 58,8 Milliarden Kubikmeter Gas in Richtung EU. Mit der faktisch fertigen Pipeline Nord Stream 2 könnten weitere 55 Milliarden Kubikmeter Gas transportiert werden. Dagegen kommen die größten LNG-Tanker gerade einmal auf ein Ladevolumen von 266.000 Kubikmetern. Wollte man also allein das über Nord Stream 1 gelieferte Erdgas durch kanadisches LNG ersetzen, bräuchte man dazu rund 220.000 Schiffsfahrten. Da derzeit weltweit aber nur 320 derartige Tanker im Einsatz sind, müsste dafür jedes vorhandene LNG-Schiff rund 690 Mal im Jahr (also zweimal täglich!) zwischen Kanada und Europa hin und her fahren. 

Zahlen wie diese zeigen, dass das Problem Robert Habecks und der deutschen Energiepolitik nicht nur ein paar „handwerkliche Fehler“ sind. Das Problem ist vielmehr der Irrglaube, dass Energie mühelos und beliebig erzeugbar ist und über sie wie in einem Katalog frei verfügt werden kann. Doch so ist es nicht. 

Sollte Habeck seinen Irrweg fortsetzen und die ideologischen Motive seiner Partei über die Interessen unseres Landes und seiner Bürger stellen, dürfte er schon bald in Turbulenzen geraten, gegen die der bisherige Ärger ein laues Lüftchen ist. 

In Konflikten zwischen Ideologie und realpolitischen Erfordernissen siegt auf mittlere und lange Sicht stets die Realpolitik.