Die erste Hürde hat die AfD geschafft. Die Landeswahlleitung Niedersachsens hat die Partei für die Wahl am 9. Oktober zugelassen. Das ist keine Selbstverständlichkeit, geht es doch bei den „Nord-Alternativen“ traditionell drunter und drüber.
Die 2017 gewählte Landtagsfraktion ist längst zerbrochen, die Hälfte der Abgeordneten hat die Partei verlassen. „Das ist bei uns eben so, dass die Listen angefochten werden“, sagt der neue Landesvorsitzende Frank Rink. Der 35-jährige Bundestagsabgeordnete galt als Hoffnungsträger des chronisch zerstrittenen Verbands. Doch im Juni wurde bekannt, dass der Landwirt mehr als fünf Jahre ohne Fahrerlaubnis unterwegs war. Die Furcht ist groß innerhalb der Rechtspartei, nach dem Debakel von Schleswig-Holstein im Frühjahr könnte auch die zweite Fraktion im Norden verloren gehen.
Ein respektabler Kandidat
Die letzte Umfrage datiert von Anfang Juli, dort sprachen sich lediglich sechs Prozent der Befragten für die AfD aus. Den Spitzenkandidaten Stefan Marzischewski-Drewes ficht das nicht an. Mit dem 56-jährigen Arzt hat der Verband eine respektable Wahl getroffen. Er erhielt bei der Listenaufstellung weit über 80 Prozent der Stimmen, für AfD-Verhältnisse ist das ein Rekordergebnis. Bei der Zusammenkunft setzten sich ausnahmslos Vertreter des „bürgerlichen Lagers“ durch, die Liste ist vorzeigbar, ihre vorderen Kandidaten waren bisher wenig in die parteiinternen Auseinandersetzungen verwickelt.
Doch hinter den Kulissen gärt es weiter. Die früheren Landeschefs Jens Kestner und Paul Hampel, die beiden zum Netzwerk des Thüringers Rechtsaußen Björn Höcke gehören, gingen leer aus. Dabei ist die Ausgangslage gar nicht so schlecht. Der Ukrainekrieg und die explodierenden Energiepreise bescheren der Partei bundesweit ein neues Umfragehoch. Zwischen zwölf und 14 Prozent liegt die AfD derzeit, das sind Ergebnisse, die zuletzt vor zweieinhalb Jahren erzielt wurden.
Die Kampagne des Bundesverbands „heißer Herbst, statt kalte Füße“, könnte verfangen. Die Parteispitze um Tino Chrupalla und Alice Weidel hat den Wahlkampf zur Chefsache gemacht. Zahlreiche Auftritte des Sprecher-Duos sind geplant. Um den Erfolg im Norden zu gewährleisten, geht Chrupalla voll ins Risiko. „Wir müssen dort wieder einziehen“, fordert der Sachse und weiß: Geht die Sache schief, wird der Herbst vor allem parteiintern heiß.