25.04.2024

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Folge 35-22 vom 02. September 2022 / Heinrich Schulz / Wegbereiter der Stenografie

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-22 vom 02. September 2022

Heinrich Schulz
Wegbereiter der Stenografie
Manuel Ruoff

Für Deutschlands Kaiserzeit lässt sich feststellen, dass die Gymnasiallehrer eher aus dem Bildungsbürgertum stammten, die Volksschullehrer hingegen häufig Aufsteiger aus dem Arbeiter- und kleinbürgerlichen Milieu waren. Letzteres in Kombination mit der Tatsache, dass die Volksschullehrer häufig auch mit Kindern aus diesem Milieu und deren Nöten zu tun hatten, erklärt, dass viele Volksschullehrer Sozialdemokraten waren. Vergleichsweise gut gebildet stiegen sie nicht selten in der SPD auf. Entsprechend wortgewandt waren sie häufig auch in der SPD-Presse als Autoren oder Redakteure engagiert und saßen für die Partei in den Parlamenten.

Zu diesem Typus gehörte auch der vor eineinhalb Jahrhunderten, am 12. September 1872, in Bremen geborene Heinrich Schulz. Nach dem Besuch der Volks- und Realschule besuchte er von 1889 bis 1892 das Bremer Lehrerseminar. Im Jahr der Beendigung des Seminarausbildung trat er in die SPD ein. Neben seinem erlernten Beruf war er in führender Stellung für die Zeitungen „Tribüne“, „Volksstimme“ und „Bremer Bürgerzeitung“ tätig. Ab 1912 saß er als Abgeordneter im Reichstag. 

Entsprechend seiner Ausbildung und seinem Beruf galt sein besonderes Interesse der Jugend- und Bildungspolitik. Ursprünglich dem linken Parteiflügel um Rosa Luxemburg zugerechnet, wechselte er im Ersten Weltkrieg zum Flügel um Friedrich Ebert.

Der Wechsel vom Kaiserreich zur Weimarer Republik nach der Novemberrevolution ermöglichte dem mittlerweile also eher rechten Sozialdemokraten völlig neue Möglichkeiten im Staatsapparat. Noch im Revolutionsjahr 1918 machte Ebert seinen Vertrauensmann zum Geschäftsführer der Reichskanzlei. Entsprechend Ausbildung und Interessensschwerpunkt wurde Schulz 1919 Unterstaatssekretär und ein Jahr später Staatssekretär für Schul- und Bildungsfragen im Innenministerium. Erfolglos bemühte sich der Sozialdemokrat um ein schon damals linkes Herzensanliegen: die Einheitsschule. Hingegen von Erfolg gekrönt war seine Leitung der Einigungsverhandlungen zur Schaffung einer Deutschen Einheitskurzschrift (DEK). Noch heute wird mit ihr in der Bundesrepublik und in Österreich gearbeitet. Sie ist Heinrich Schulz’ größtes Vermächtnis. Mit ihr schrieb der Wegbereiter der Stenografie ein Stück weit Geschichte.

1927 trat Heinrich Schulz in den Ruhestand. Im Reichstag saß er noch bis 1930. Die „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten brauchte der Sozialdemokrat nicht mehr mitzuerleben. Er starb vor 90 Jahren, am 4. September 1932, in seiner Geburtsstadt Bremen.