20.04.2024

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Folge 35-22 vom 02. September 2022 / Zum 425. Geburtstag / Johannes Micraelius galt als Hauptchronist von Pommern / Als „praeceptor Pommeraniae“ und „pommerscher Livius“ hielt er die Geschichte Pommerns fest

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-22 vom 02. September 2022

Zum 425. Geburtstag
Johannes Micraelius galt als Hauptchronist von Pommern
Als „praeceptor Pommeraniae“ und „pommerscher Livius“ hielt er die Geschichte Pommerns fest
Martin Stolzenau

Der Chronist Johannes Micraelius stammte aus Köslin, wurde von der schwedischen Königin Christina gefördert und erlangte als Greifswalder Universitätsprofessor, Rektor der Ratsschule sowie des Pädagogiums in Stettin überregionale Bedeutung. Außer als erfolgreicher Pädagoge erreichte er als Geschichtsschreiber, Lexikograph und Barockdramatiker eine lange Nachwirkung. 

Seine „Sechs Bücher vom Alten Pommerlande“ mit einer umfassenden „Beschreibung des Landes, des Adels und der Städte“ galt über Jahrhunderte als „Hauptchronik von Pommern“. Dazu kamen sein philosophisches Lexikon und verschiedene Barockdichtungen über die im Dreißigjährigen Krieg aktiven Heerführer Wallenstein und König Gustav II. Adolf, die ihm einen festen Platz unter den Geschichtsschreibern Pommerns eintrugen. Aus diesem Grund verliehen ihm seine Zeitgenossen ihm voller Anerkennung die Beinamen „praeceptor Pommeraniae“ und – mit Bezug zum berühmten römischen Geschichtsschreiber Titus Livius – „pommerscher Livius“. 

Micraelius wurde am 1. September 1597 in Köslin als Johannes Lütkeschwager geboren. Seine Mutter war eine Tochter des Pastors Lorenz Krüger. Sein Vater, Joachim Lütkeschwager, fungierte in Köslin als Archidiakon. Die Eltern des Jungen orientierten ihn schon früh auf eine Theologen-Laufbahn und schickten ihn nach dem Besuch der Kösliner Schule nacheinander auf das Pädagogium in Stettin und die Universität in Königsberg. 

Er hatte einst namhafte Lehrer wie Joachim Prätorius, Daniel Cramer sowie Christoph Hunichius, offenbarte schon früh seine vielgestaltigen Interessen von der Geschichte über die Philosophie bis zur Literatur und engagierte sich in Königsberg beim Übersetzen amtlicher Akten. Nach dem Tod seiner Eltern musste er sein Studium 1618 unterbrechen, um sich seinen Unterhalt zu verdienen. 

Der Kösliner, der sich nun lateinisiert Micraelius nannte, erteilte Unterricht, begleitete reiche Adelssprösslinge sowie Bürgersöhne auf Bildungsreisen und sammelte auf diese Weise pädagogische Erfahrungen. Er bezog zur Fortsetzung seiner Studien die Greifswalder Universität, wurde 1621 Magister und bewährte sich in Leipzig 1623 als junger Dozent. 

Ein Verteidiger des Luthertums

Durch Vermittlung ehemaliger Lehrer wurde Micraelius 1624 an der Greifswalder Universität zum Professor für Rhetorik berufen. Er hatte regelmäßige Einnahmen, konnte endlich am 16. Juli 1627 Sophrosyna Prätorius, die Tochter seines vormaligen Lehrers, heiraten und beschäftigte sich nun intensiver mit seinen vielgestaltigen Interessen. 

Zwischen 1631 und 1633 brachte er als Barockdramatiker die Stücke „Pomeris“, „Parthenia“ sowie „Agathander“ heraus, in denen er das damalige Zeitgeschehen des Dreißigjährigen Krieges trefflich verarbeitete. „Pomeris“ gilt als einziges deutschen Drama, das die Aktivitäten des katholischen Feldherrn Wallenstein „zu dessen Lebzeiten dramatisch behandelt“.

Es folgten bis 1640 die sechs Bücher zur Geschichte Pommerns. Doch seine Materialien über die schwedische Besatzung und Auflösung der herzoglichen Regierung ließ er unberücksichtigt. Aus gutem Grund. Mit der Kritik an Schweden hätte es seinen weiteren Aufstieg nicht gegeben. Das Material über Schweden wurde erst 1835 bei einer Neuauflage, die Wilhelm Böhmer veranlasste, in seinem Geschichtswerk berücksichtigt. 

Parallel zur Geschichtsbetrachtung veröffentlichte Micraelius als Verteidiger des Luthertums auch zahlreiche theologische Streitschriften. Seine Karriere ging mit schwedischer Förderung weiter. Er fungierte als Prokanzler der Greifswalder Universität, erhielt den Titel eines Doktors der Theologie, brachte die Ratsschule in Stettin und das dortige Pädagogium als Rektor zur Blüte, verfasste zwischendurch ein philosophisches Lexikon und heiratete nach dem frühen Tod seiner beiden ersten Ehefrauen in dritter Ehe die um 30 Jahre jüngere Katharina Heck aus Prenzlau. Mit ihr zeugte er nach den drei Kindern aus der zweiten Ehe noch weitere sechs Kinder. 

Andererseits war sich der Aufsteiger auch der Dankespflicht an Schweden für die vielgestaltige Förderung bewusst. Deshalb reiste er 1653 zur Königin und deren Kanzler Oxenstierna. Damit festigte er seine Vorzugsstellung in Pommern. 

Micraelius erlebte noch die Heirat seiner Schwester Esther mit dem Kösliner Theologen Jakob Fabricius, den Karrierebeginn seines Sohnes Joachim und starb am 3. Dezember 1658 in hohem Ansehen in Stettin, 20 Jahre vor seiner dritten Frau. Bis 1945 hing im Konferenzzimmer des Stettiner Marienstiftsgymnasiums ein Gemälde zu Micraelius.