30.04.2024

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Folge 36-22 vom 09. September 2022 / Preiskultur / Merit-Order-Prinzip oder Pay-as-bid-Modell? / Sechs unterschiedliche Möglichkeiten, wie der Strompreis gebildet werden könnte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-22 vom 09. September 2022

Preiskultur
Merit-Order-Prinzip oder Pay-as-bid-Modell?
Sechs unterschiedliche Möglichkeiten, wie der Strompreis gebildet werden könnte

Ungeachtet dessen, dass sowohl die EU-Kommission als auch das Bundeswirtschaftsministerium das Merit-Order-Prinzip bei der Preisbildung an der Strombörse weiterhin für praktikabel halten (siehe oben), wird angesichts der Strompreiskrise nun auf nationaler wie europäischer Ebene über Alternativen diskutiert. Dabei kristallisieren sich derzeit sechs mögliche Lösungen heraus.

Zum Ersten könnte das Merit-Order-Prinzip durch ein Pay-as-bid-Modell ersetzt werden. Dann bestimmt nicht der teuerste Anbieter den Börsenpreis des Tages, sondern jeder Produzent erhält für seinen Strom genau die Summe, die er zu Beginn der Auktion verlangt hat. Dagegen wird jedoch vorgebracht, dass die Marktteilnehmer genau wüssten, zu welchem Preis die teuren Gaskraftwerke liefern. Also würden sie nur noch Gebote abgeben, die geringfügig darunter liegen.

Solche und andere Manipulationen will der zweite Vorschlag verhindern, der darauf abzielt, die Algorithmen für die Strompreisberechnungen auf der Basis des Merit-Order-Prinzips zu verändern, damit die exorbitanten Forderungen der Gaskraftwerksbetreiber nicht mehr so stark zu Buche schlagen.

In eine ähnliche Richtung ging die Anregung Griechenlands während der außerplanmäßigen Sitzung der EU-Energieminister Ende Juli: Zunächst könnte für Anbieter mit geringen eigenen Kosten, die keine fossilen Brennstoffe benötigen, ein niedriger, aber immer noch gewinnbringender Festpreis ermittelt werden. Dann wären die übrigen Produzenten an der Reihe, Gebote nach dem Merit-Order-Prinzip abzugeben. Anschließend ließe sich aus den beiden Preisen ein Mittelwert bilden, der dann als Endpreis für alle gilt. Hierüber wollen die Energieminister bei ihrem nächsten Treffen am 25. Oktober beraten.

Eine vierte Möglichkeit zur Senkung des Strompreises ist die Deckelung des Gaspreises wie in Portugal und Spanien mit Hilfe staatlicher Zuschüsse, weil dann auch die Gaskraftwerke in der Lage sind, preiswertere elektrische Energie anzubieten. Allerdings besteht dabei die Gefahr, dass der subventionierte Strom ins Ausland abfließt, wenn dort nicht genau die gleichen Rahmenbedingungen herrschen.

Zum Fünften wird auf das Beispiel Schweiz verwiesen. Dort bezahlen die Kunden einfach den tatsächlichen Durchschnittspreis für den Energiemix, den die Stromversorger geliefert haben.

Und dann könnte der Staat den Kraftwerksbetreibern die CO₂-Zertifikate für den Ausstoß von Kohlendioxid natürlich auch eine gewisse Zeit lang gratis zuteilen. Dadurch würde der Strompreis sofort um rund einhundert Euro je Megawattstunde sinken. W.K.