30.04.2024

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Folge 36-22 vom 09. September 2022 / Proteste / Nervosität wegen „Wutwinter“ nimmt zu / Verfassungsschützer sind jedoch uneins, wie die erwarteten Demonstrationen einzuordnen sind

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-22 vom 09. September 2022

Proteste
Nervosität wegen „Wutwinter“ nimmt zu
Verfassungsschützer sind jedoch uneins, wie die erwarteten Demonstrationen einzuordnen sind
Hermann Müller

Nachdem schon Stephan Kramer, der Verfassungsschutzchef des linksregierten Freistaates Thüringen, vor Massenprotesten und Krawallen im kommenden Herbst und Winter gewarnt hat, präsentiert nun auch der Berliner Staatssekretär Torsten Akmann (SPD) eine ganz ähnliche Einschätzung. Im rot-grün-roten Berliner Senat ist Akmann für die Innenverwaltung und damit auch für den Verfassungsschutz des Lands Berlin zuständig. 

Wie der Staatssekretär kürzlich erklärte, sei bereits erkennbar, „dass Verfassungsfeinde die Themen Energieversorgung und Pandemiebekämpfung für sich und ihre Ziele nutzen wollen und versuchen, gegen demokratische Institutionen zu agitieren“. Im Kontrast zu dieser Einschätzung aus Berlin hatte Thomas Haldenwang, der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, erst vor Kurzem gesagt, er sehe im Zusammenhang mit den hohen Energiepreisen aktuell keine Anzeichen für Massenkrawalle. Bei einer Pressekonferenz am 28. August erklärte Haldenwang, der Verfassungsschutz schaue „genau hin, ob legitimer Protest von Demokratiefeinden gekapert werde“. Er bestätigte damit seine Einschätzung, die er bereit Mitte August abgegeben hatte.

Berlins Innenstaatssekretär Akmann äußerte sich im Zusammenhang mit möglichen Protesten wegen der Energiekrise auch zur linksextremistischen Szene. Seinen Angaben zufolge sei die Lage in dieser Szene weniger „dynamisch“. Am wahrscheinlichsten sei es, dass sich Anhänger der linksextremistischen Szene an Protesten oder Versammlungen beteiligten, die gegen Aufmärsche von Rechtsextremen organisiert würden. 

Insgesamt sind die Äußerungen des Berliner Innenpolitikers und auch des Thüringer Verfassungsschutzchefs nicht unproblematisch. Die Einschätzungen werden nämlich nicht im Nachhinein abgegeben, sondern bereits bevor überhaupt Proteste und Demonstrationen stattfinden. 

AfD und Linkspartei mobilisieren

Die vorauseilende Einordnung und der Gebrauch von Begriffen wie „Verfassungsfeinde“ kann durchaus dazu führen, dass Bürger aus Angst vor Stigmatisierung auf ihr Recht auf Demonstrationsfreiheit verzichten. Inzwischen deutet sich allerdings eine Gemengelage an, bei der es vielen Politikern vermutlich schwerfallen wird, eine Protestbewegung fein säuberlich in „rechts“ und „links“ einzuordnen. Neben der AfD-Spitze ruft nämlich auch die Linkspartei inzwischen zu Montagsdemos gegen die hohen Energiepreise und die Energiepreispolitik der Bundesregierung auf. Bereits im August, im ARD-Sommerinterview, hatte Martin Schirdewan, der Co-Vorsitzende der Linkspartei, angekündigt, seine Partei werde im Herbst zu Protesten aufrufen. Laut dem 47-Jährigen ist es das Ziel seiner Partei, die Bundesregierung unter Druck zu setzen und zum Handeln zu bewegen. Die Regierung erscheine handlungsunwillig, so Schirdewan, der innerhalb der Linkspartei als Pragmatiker gilt.