30.04.2024

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Folge 36-22 vom 09. September 2022 / Wirtschafts- und Propagandakrieg / Wer wirklich schuld ist am Gasmangel der Deutschen / Der grüne Bundeswirtschaftsminister weint Krokodilstränen. Der Kreml wird zum Sündenbock gemacht. Und über die Schuld im Westen redet kaum einer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-22 vom 09. September 2022

Wirtschafts- und Propagandakrieg
Wer wirklich schuld ist am Gasmangel der Deutschen
Der grüne Bundeswirtschaftsminister weint Krokodilstränen. Der Kreml wird zum Sündenbock gemacht. Und über die Schuld im Westen redet kaum einer
Norman Hanert

Derzeit versucht der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck den Anschein zu erwecken, als wenn es Russlands Staatspräsident Wladimir Putin wäre, der Schritt für Schritt die Gaslieferungen nach Deutschland zurückfährt. Unlängst aufgetaucht ist allerdings ein Video einer Rede Robert Habecks aus dem Jahr 2016, in dem der Grüne gegenüber „Herrn Putin“ ankündigte: „Ich bin gerade Spitzenkandidat meiner Partei geworden. Geben Sie mir noch ein oder zwei Monate, dann regieren wir diese Republik. Dann wird sich Folgendes ändern. Wir werden erstens Nord 

Stream nicht bauen und die Handelsbeziehungen des Gastransfers zu Russland sukzessive abbauen, weil wir ein Energiewendeland sind.“ So wies denn auch das Schweizer Projekt „Swiss Policy Research“ unlängst darauf hin, dass ein beachtlicher Teil der Pipeline-Kapazitäten für russische Gaslieferungen nicht aufgrund sinistrer Vergeltungsabsichten des Kremls, sondern wegen Sanktionen oder politischer Entscheidungen westlicher Länder nicht mehr zur Verfügung stehen. 

Theoretisch kann russisches Gas über fünf Pipelines geliefert werden: Nord Stream 1, Nord Stream 2, die Jamal-Leitung über Weißrussland und Polen, die Transgas-Pipeline über die Ukraine, die Slowakei, Tschechien bis nach Österreich und seit 2014 auch über Turkstream. 

Berlins Rolle bei Nord Steam 2

Nord Stream 2 ist fertiggestellt. Die Bundesregierung hat allerdings am 22. Februar das Genehmigungsverfahren für Nord Stream 2 gestoppt, zwei Tage vor dem russischen Angriff auf die Ukraine.

Auch durch Nord Stream 1 fließt derzeit kein Erdgas mehr. Laut Gazprom sind bei Wartungsarbeiten an der letzten noch funktionierenden Turbine in der Verdichterstation Portowaja Fehlfunktionen und Öllecks festgestellt worden. Ob dies die Einstellung des Betriebes rechtfertigt, ist umstritten. Der Umstand, dass sich die westlichen Sanktionen auch auf Technik wie die Turbinen erstrecken, liefert Russland in dieser Diskussion allerdings ein Argument. Die „Berliner Zeitung“ berichtete Anfang September zudem, dass sich im kanadischen Wartungszentrum von Siemens möglicherweise noch fünf weitere Turbinen der Pipeline befinden. Trifft dies zu, dann könnte der technische Zustand der Leitung mittlerweile kritischer sein, als dies Medienberichte über „angebliche Wartungsarbeiten“ suggerieren.

Der Umstand, dass sich Nord Steam 1 überhaupt zu einem Nadelöhr entwickeln konnte, ist sehr stark auf Entscheidungen Polens und der Ukraine zurückzuführen. Polen hat am 13. Mai seinen seit 1993 geltenden Gasliefervertrag mit Russland gekündigt.

Kanadas Rolle bei Nord Stream 1

Der damalige Staatssekretär in der Kanzlei des Ministerpräsidenten und Regierungsbevollmächtigter für strategische Energieinfrastruktur, Piotr Naimski, erklärte im Mai dieses Jahres: „Nach fast 30 Jahren kann man sagen, dass die Gasbeziehungen zwischen Polen und Russland aufgehört haben zu existieren.“ Die polnische Führung sperrte Jamal allerdings auch noch für Transitlieferungen von russischem Gas nach Deutschland. Wenn seitdem Erdgas über Jamal fließt, dann nur noch im Reverse-Modus: von Deutschland nach Polen. Durch die Kündigung des Liefervertrages tritt Polen zudem auch noch preistreibend als Käufer auf dem Gasmarkt auf. 

Zwei Tage vor der polnischen Sperrung von Jamal hatte bereits die Ukraine am 11. Mai verkündet, den Gastransit über die Pipeline Sojus, eine von drei Zulieferleitungen für die Transgas-Pipeline in Richtung Mitteleuropa, einschränken zu müssen. Kiew führte dabei Aktivitäten russischer Truppen in der Region Lugansk an. Gazprom widersprach dieser Darstellung.

Polens Rolle bei Jamal

Insgesamt läuft damit lediglich nur noch die Erdgaslieferung über Turkstream ohne Einschränkungen. Über die Turkstream-Pipeline hatte Gazprom bereits Mitte August seine Lieferungen an Ungarn erhöht. Bis vor wenigen Monaten wurde auch Bulgarien über Turkstream mit russischem Erdgas versorgt. Im April hatte die seinerzeit regierende Koalition von Regierungschef Kiril Petkow die von Russland geforderte Eröffnung von Rubelkonten bei der Gazprom-Bank verweigert. Gazprom stellte daraufhin die Belieferung von Bulgarien ein. Noch im Juni kündigte Assen Vassilev, der zu diesem Zeitpunkt amtierende stellvertretende Ministerpräsident, an: „Bulgarien wird nie wieder mit Gazprom über Lieferungen verhandeln.“

Die Rolle der Ukraine bei Sojus

Nach dem Scheitern der Pro-EU-Regierung Petkows amtiert in Sofia nun eine Übergangsregierung. Diese kündigte an, mit Gazprom über die Wiederaufnahme von Gaslieferungen verhandeln zu wollen.

Noch offen ist, wie die polnische Regierung das Land durch den Winter bringen will. Polen steht nach der Kündigung des Gazprom-Vertrages im Mai nun nämlich mit ziemlich schlechten Karten da. Die Baltic-Pipe, die norwegisches Gas nach Polen bringen soll, ist zwar fertig, allerdings hat Polen keine langfristige Liefervereinbarung mit Norwegen abgeschlossen. Als Folge wollen die Skandinavier den Polen die jeweils aktuellen Spotmarktpreise berechnen. Premier Mateusz Morawiecki kommentierte diese Aussichten: „Sollen wir Norwegen 110 Euro pro Megawattstunde für Gas zahlen? Vier- oder fünfmal mehr als vor einem Jahr? Das ist doch krank.“