30.04.2024

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Folge 36-22 vom 09. September 2022 / Rohstoffe / Neue Gasvorkommen vor Zypern entdeckt / Kaum Hoffnung auf einen nachhaltigen Beitrag zu Energiesicherheit in Deutschland oder Europa

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-22 vom 09. September 2022

Rohstoffe
Neue Gasvorkommen vor Zypern entdeckt
Kaum Hoffnung auf einen nachhaltigen Beitrag zu Energiesicherheit in Deutschland oder Europa
Wolfgang Kaufmann

Angesichts des Gasmangels aufgrund der reduzierten russischen Lieferungen richtet sich das Augenmerk der deutschen Verantwortlichen verstärkt auf alternative Förderländer. Hierbei geriet nun auch das EU-Mitglied Zypern in den Fokus. Vor den Küsten des Inselstaates liegen drei große Erdgasfelder: Aphrodite mit wahrscheinlich 130 Milliarden Kubikmetern Gas, Calypso mit einem geschätzten Volumen von 180 Milliarden Kubikmetern und Glaucus, wo weitere 200 Milliarden Kubikmeter vermutet werden. Die Bohrrechte hier haben sich bereits der US-Energiekonzern Chevron, das britisch-niederländische Unternehmen Shell und die israelische Firma NewMed Energy gesichert. Bis Ende 2022 soll nun ein Entwicklungs- und Erschließungskonzept ausgearbeitet werden, das auch der Klärung dient, ob und wie Erdgas aus dem Meeresgrund vor Zypern in die Bundesrepublik geliefert werden könnte. Wie die zypriotische Ministerin für Energie, Handel und Industrie, Natasa Pilides, mitteilte, brauche ihr Land relativ wenig Erdgas und wolle daher große Mengen davon exportieren, am liebsten nach Europa und Asien. Allerdings würden die Lieferungen erst ab 2027 möglich sein. 

Aber dies ist nicht das einzige Problem im Zusammenhang mit dem Erdgas aus dem östlichen Mittelmeer. So steht die Frage im Raum, wie wirtschaftlich die bereits geplante 1900 Kilometer lange und geschätzte sechs Milliarden Euro teure Mittelmeer-Gaspipeline EastMed nach Europa wäre. Zwar haben Griechenland, Zypern und Israel im Januar 2020 ein Grundsatzabkommen über deren Bau unterschrieben, doch sind US-Experten mittlerweile zu der Ansicht gekommen, dass das Projekt keinen Gewinn verspreche. Deshalb hat die Regierung in Washington auch ihre Unterstützung zurückgezogen. Die Skepsis resultiert nicht zuletzt aus den Klimaschutzplänen der Europäischen Union. Wenn in der EU 2030 nur noch 22 Prozent des Energieverbrauchs auf Erdgas entfallen, dann lohnt der Bau einer Pipeline nicht, die sich erst nach etwa 20 Jahren amortisiert.

Und dann wäre da noch die Haltung der Türkei. Zypern ist seit der türkischen Invasion im Sommer 1974 zweigeteilt. Der zur EU gehörigen Republik Zypern steht die Türkische Republik Nordzypern (TRNC) gegenüber, die bislang nur von Ankara anerkannt wurde. Die Erdoğan-Regierung vertritt die Ansicht, dass die Republik Zypern keine Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) in den Gewässern rund um die Insel beanspruchen könne, weil die Führung der TRNC dem nicht zustimme. Deshalb opponiert Ankara sowohl gegen das EastMed-Projekt als auch gegen Gasbohrungen auf dem Festlandsockel vor Zypern und entsendet immer wieder Kriegsschiffe in die Region, um ausländische Erkundungs- und Bohrtrupps zu vertreiben, obwohl die über gültige Lizenzen der zypriotischen Regierung verfügen. Vor diesem Hintergrund taugen die drei Erdgasfelder vor Zypern wohl kaum dazu, die Energiesicherheit in Deutschland oder Europa auf nachhaltige Weise zu verbessern.