30.04.2024

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Folge 36-22 vom 09. September 2022 / Bilanz / Wer wie viele Quadratkilometer und Seelen gewann / Preußen erhielt den an Fläche wie Einwohnern kleinsten Anteil, gilt aber trotzdem als der eigentliche Gewinner

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-22 vom 09. September 2022

Bilanz
Wer wie viele Quadratkilometer und Seelen gewann
Preußen erhielt den an Fläche wie Einwohnern kleinsten Anteil, gilt aber trotzdem als der eigentliche Gewinner

Der Begriff Teilung ist insoweit irreführend, als die Ostmächte zunächst nicht Polen in seiner Gesamtheit, sondern „nur“ 30 Prozent seines Territoriums mit 35 Prozent seiner Bevölkerung unter sich aufteilten. Den flächenmäßig größten Teil nahm sich Polens De-facto-Protektoratsmacht Russland mit rund 84.000 Quadratkilometern und 1.256.000 Einwohnern. Russisch wurden nun die Woiwodschaften Polock, Mstislav und Polnisch Livland. Das Zarenreich erreichte damit endlich seine bereits mehr als ein Jahrhundert zuvor geforderte „natürliche Grenze“ Düna. 

Den volkreichsten Anteil bekam Österreich mit dem südlich der oberen Weichsel gelegenen Teil Kleinpolens sowie fast ganz Rotruthenien und Teilen Wolhyniens wie Podoliens. 2,67 Millionen Einwohner und damit mehr als doppelt so viele Menschen wie im russischen Teil lebten auf dem mit 839.00 Quadratkilometern nur unwesentlich kleineren österreichischen Erwerbungen. Mit ihnen war die Donaumonarchie in den Besitz des am dichtesten besiedelten Agrargebiets Europas gelangt. Da die ungarischen Könige sich seit dem Mittelalter auch Könige von Galizien und Lodomerien nannten, machten die Habsburger ihre polnische Erwerbung zum „Königreich Galizien und Lodomerien“, um ihre dortige Herrschaft zu legitimieren. Der Zusatz „und Lodomerien“ geriet dabei mit der Zeit außer Gebrauch, sodass „Galizien“ als Bezeichnung blieb. 

Den sowohl an Quadratkilometern als auch Einwohnern kleinsten Anteil erhielt Preußen, das zudem auf den Gewinn Thorns und Danzigs verzichten musste. Es erhielt mit dem Ermland, Westpreußen, dem Netzedistrikt und dem Kulmerland „nur“ 34.900 Quadratkilometer mit 356.000 Einwohnern. Trotzdem gilt es als der eigentliche Gewinner der ersten Teilung Polens. Erstmals waren die beiden Kerngebiete des Hohenzollernstaates, Brandenburg im Reich und Preußen außerhalb, durch eine Landbrücke vereint. Und endlich konnten sich die Hohenzollern dank der Erwerbung des Ermlands und Westpreußens, nicht mehr nur verkrampft König „in“ Preußen, sondern wie „normale“ Herrscher König „von“ Preußen nennen. Für die Finanz- und Wirtschaftskraft und damit auch für die militärische Leistungsfähigkeit wichtiger war für den Hohenzollernstaat, dass nun vier Fünftel des polnischen Außenhandels fortan über sein Territorium verliefen. Abgesehen von der daraus resultierenden wirtschaftlichen Abhängigkeit Polens zog Friedrich allein aus den Zöllen auf den polnischen Weichseltransit mehr Einkünfte als der Nachbarstaat aus allen seinen Einnahmequellen zusammen. Und das war nicht wenig, war Polen doch nach der ersten Teilung mit sieben Millionen Einwohnern auf 527.000 Quadratkilometern immerhin so volkreich wie England mit Wales und so groß wie Frankreich.M.R.